unten mußten ihre Köfferchen selber schleppen, und er stand als Wächter auf dem Turm. Wenn er ihnen einmal half, so geschah es mit seiner Maschinenpistole. Ein paar ungezielte Schüsse genügten, um sie zu schnellerem Marsch anzutreiben. Trinkgelder gab's hier nicht, aber gelegentlich, wenn man ein paar Leute in den Wald führte und erschoẞ, fand man noch immer etwas in ihren Taschen. Die Sommergäste in Waldgrund waren ein paar Monate geblieben und waren dann wieder gegangen. Wer hier ankam, blieb auch nur ein paar Monate, bestenfalls ein paar Monate, und verschwand dann. Der Unterschied bestand nur darin, daß in Waldgrund viele der Leute Jahr um Jahr regelmäßig wieder aufgetaucht waren. Wer von hier fortging, der kehrte nicht wieder, der wurde eingescharrt oder verbrannt und für immer aus den Listen gestrichen.

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Peter Kluge wieder bei Goethe jetzt wollte sich der Schlußzeilen des Türmerliedes erinnern, aber er konnte nicht darauf kommen. Es trieb ihn, einmal ungefähr auszurechnen, wie viele schon in den drei Jahren unter seinem Turme durch­gewandert waren Tausende, Zehntausende, vielleicht Hun­derttausende. Eigentlich eine ungeheure Leistung, dachte er mit Respekt, so eine Organisation kann uns niemand nach­machen, darin sind wir einzig. Das Erstaunlichste aber ist, so ging es Peter Kluge durch den Kopf, wie wir ihnen, ehe wir sie umbringen, schon die Seele im Leibe töten. Denn wie war es anders möglich, daß die Gefangenen sich auf einen Befehl hin auszogen, in die Gräben hinabstiegen und sich nackt in die frische Erde legten, Hunderte nebeneinander, bevor man auf sie aus den Maschinenpistolen feuerte?

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, Wir sind halt die moralisch Stärkeren", sagte sich Peter Kluge.

Seine Befriedigung währte jedoch nicht lange. Dann be­schlich ihn ein Grauen, ein Grauen nicht etwa vor der Menge

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