weiße Schein die Schläfer erschrocken auffahren lassen würde, lachte Peter Kluge. Schließlich drehte er den Scheinwerfer wieder zur Seite, so daß Graben und Lagerzaun, wie es die Vorschrift befahl, taghell erleuchtet waren. Während Peter Kluge auf die Ablösung wartete, überfiel ihn jäh eine brennende Ungeduld. Heute war nämlich wieder ein neuer Transport angekommen. Männer, Frauen und Kinder waren von den Lastwagen heruntergestiegen und dann wie Tiere durch die Lagergassen getrieben worden.
,, Ich blick in die Ferne", da hab ich's ja doch, triumphierte Peter Kluge und sprach die Verse halblaut vor sich hin:
,, Ich blick in die Ferne,
Ich seh in der Näh
Den Mond und die Sterne
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Diese Verse waren in seinem Gedächtnis wieder aufgetaucht, als er an die Gefangenen gedacht hatte. Das Bild, wie sie da ins Lager getrottet waren, hatte ihn seltsamerweise an seinen Heimatort erinnert, Waldgrund in Bayern , wo er in der Dorfschule das Lied vom Türmer gelernt hatte. Dort waren um die Jahresmitte in den ersten Ferientagen die Sommerfrischler mit der Lokalbahn angelangt und hatten sich auch in solchen Scharen in die Hauptstraße ergossen mit Koffern in der Hand und Rucksäcken auf dem Buckel.
Die Gefangenen hier und die Sommerfrischler von Waldgrund das ließ sich eigentlich nicht vergleichen, und doch, unter den Besuchern von Waldgrund waren ja auch viele Juden gewesen und eine Menge Ausländer, Fremdrassige, die nicht deutsch sprechen konnten. Der kleine Peter Kluge hatte ihnen damals geholfen, die Koffer zu tragen und hatte dafür ein Trinkgeld bekommen. Nun, heute war das anders, die da
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