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Bornekamp.
Ich mußte neben unserem Präsidenten sitzen Er war Vormann in der Formerei. Wir nannten ihn nur den , Kropf', denn er hatte ein Ding wie einen Mehlsack unter dem Kinn hängen. Dazu war er das versoffenste Stück Mensch, das du dir denken kannst. Jeden Morgen kippte er seine acht bis zehn Flaschen Bier hinter die Binde. Der Lehrjunge mußte die Flaschen im Formsand verstecken, damit die Ingenieure sie nicht entdeckten.
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Also an diesem Abend brauchte er nichts zu verstecken, und es blieb nicht bei zehn Flaschen. Er trank nicht, er soff. war ich mit ihm Am Schluß wie es kam, weiß ich nicht allein. Die anderen waren eben klüger als ich und hatten sich beizeiten verdrückt. Mir blieb nichts übrig, als den , Kropf' nach Hause zu schaffen. Es war nicht schön, muß ich dir sagen. Er war ein Riesenkerl und einen Bauch hatte er wie eine Tonne. Das Schlimmste war die Treppe. Ganz außer Atem kam ich endlich mit ihm im dritten Stockwerk an. Noch bevor ich auf die Klingel drücken und mich aus dem Staube machen konnte, ging die Tür auf. Vor mir stand ein Aber schön war sie. Mädchen, ein halbes Kind noch.
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Ich vergaß meine Wut auf die Vereinskollegen, die mich im Stich gelassen, ich vergaß meine Wut auf den Alten, den ich eine halbe Stunde durch die Straßen geschleppt hatte. Ich wußte nur, daß dieses Mädchen vor mir stand. Ich sah nur sie. Und während ich sie ansah, hatte ich das Gefühl, daß sich die Welt in diesem Augenblick veränderte. Ich liebte sie. Na ja, das ist so ein Wort. Man sagt es und sagt doch nichts damit. Denn wenn ich dir beschreiben sollte, wie mir zumute war, als ich sie anblickte, den besoffenen Alten neben mir, den ich mit einer Hand festhalten mußte, damit er nicht umfiel-"
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Helmut schwieg und Falten traten auf seine Stirn. Er dachte wohl nach, und er sah mich fordernd an, als könnte
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