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glas", schloß sie ihre Erzählung. Blitzartig schoß mir durch den Kopf, das sich im Isartal immer noch unser Feldstecher befindet, den ich eigentlich längst hätte abgeben müssen, da Juden schon seit dem Frühsommer 1942 weder Feldstecher, Operngläser oder Photoapparate noch irgendwelche elektrischen Geräte, wie Kochplatten, Tauchsieder, Kochtöpfe usw. besitzen durften und zur unentgeltlichen Abgabe verpflichtet waren. Ich beauftragte Susi, durch ihre Schwiegereltern nachfragen zu lassen, was der slowakische Major für ein Fernglas, das neu allerdings im Jahre 1914 vor Beginn des ersten Weltkrieges etwa hundertfünfzig Reichsmark gekostet hat, an Lebensmitteln, vor allem Butter oder anderem Fett, geben will. Zwei Tage später teilte mir Susi mit, daß der Major nach der Beschreibung das Fernglas gern haben möchte. Er wolle mir viereinhalb Pfund Butter und ein wenig Bohnenkaffee dafür geben. Ich hatte keine Ahnung, ob das eine angemessene Bezahlung sei, aber Herbert und Lotte, die gut Bescheid wissen, meinten, daß ich mit dieser Bezahlung zufrieden sein könne. Ich schrieb also einen Brief an Tilla, gab als Absender Susis arische Schwiegermutter an und erbat die Uebersendung des Fernglases an ihre Adresse. Wenn ich überlege, daß der slowakische Major für das Pfund Butter 1.80 Reichsmark bezahlt, so finde ich, daß er recht billig zu einem guten Fernglas kommt! Aber für uns ist jedes Fett unendlich wichtig, ein Fernglas aber ein überflüssiger
Luxus.
Peter Merkel war noch nicht bei mir. Cousine Erna berichtete mir bei meinem letzten Besuch, Frau Hopf habe bei ihr angerufen und mitgeteilt, Peter sei im Krankenhaus. Ich bin entsetzlich erschrocken, hoffentlich heißt das nicht, er ist verhaftet worden. Aber da Frau Hopf gleichzeitig sagen ließ, sie werde sich wieder melden, ich solle nicht anrufen, sind mir die Hände gebunden, und ich kann nichts unternehmen. Vielleicht muß ich nun lange warten, bis ich wieder etwas höre.
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