rief sie freundlich, und zog mich in die Nähe eines der Fenster. ,, Auf meinem Sack ist noch Platz für Sie." Ich folgte ihr gern und legte meine Provianttasche und meine Decken mit auf ihren Sack. Dann betrachtete ich in Muße meine Umgebung. Schon jetzt waren die Säcke über und über mit dem an den Schuhen hereingetragenen Schmutz von draußen bedeckt, man erkannte auch sofort, wer eben erst angekommen und wer schon längere Zeit hier war. Die letzteren sahen ungepflegt aus, sie trugen zahlreiche Spuren der schmutzigen Säcke an ihren Kleidern. Aber ich konnte nicht dauernd stehen, Sitzgelegenheiten waren nicht vorhanden, hätten auch bei so enger Belegung gar keinen Platz gefunden. Also ließ ich mich, heimlich seufzend, auf meiner Sackhälfte nieder. Unser Zimmer füllte sich rasch, ich zählte jetzt etwa vierzig Frauen. Der Lärm des Stimmengewirrs in dem niederen Raum dünkte mich fast unerträglich. Der Regen hatte aufgehört. Lieber wollte ich hinausgehen, als die schlechte Luft und das Getöse hier drinnen unnötig lange ertragen. Draußen fand ich Heilbronner, der von einer ganzen Schar Heiminsassen umringt war. ,, Gut, daß Sie kommen, Frau Doktor", rief er mir zu ,,, unsere Leute haben mir eben vorgeschlagen, wir möchten doch etwas tun, damit wir Berg- am- Laimer die Fahrt möglichst zusammen machen können." ,, Dann wenden wir uns wohl am besten an den Leiter des Transports", schlug ich vor. ,, Wissen Sie, wer es ist?" fragte einer aus der Gruppe. Heilbronner nickte. ,, Der Leiter des Barackenlagers soll dafür bestimmt sein", erwiderte er und fügte hinzu: ,, Man hat genau wie bei uns auch hier die ganze Leitung des Lagers zur Deportation eingeteilt. Ich gehe nachher zu ihm und werde ihn fragen, ob er es möglich machen kann, daß wir zusammen reisen." Die Sonne war durchgekommen und hatte die meisten Leute aus den dumpfen Baracken herausgelockt. Halt, wer kam dort hinten? Ich entdeckte ,, Baby", mit der ich in Lohhof in der Flachsfabrik zusammen gearbeitet hatte, und neben ihr Klein- Erna und Frau Brand,
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