nur begrenzt bewegungsfähigen linken Arms beim Arzt als für Fabrikarbeit nicht geeignet schreiben zu lassen. Nach reiflicher Ueberlegung aber, und besonders im Hinblick auf die eventuelle Auswanderung nach Argentinien , ziehe ich vor, mit der Arbeit zu beginnen, um den hohen Herrn in der Widenmayerstraße nicht neuen Grund zu Zorn auf mich zu geben.

Nun ist die Hauptsache: eine Unterkunft zu finden. Eventuell kann ich in der Wohnung von Direktor Stahl, wo im Zimmer einer Angestellten der Gemeinde noch eine zweite Frau untergebracht werden muß, bleiben. Doch viel­leicht findet sich noch ein Kämmerchen, und wenn es noch so klein wäre, wo ich allein wohnen kann.

Am Donnerstag war ich in unserem Altersheim in der Kaulbachstraße ich habe das Referat über die Alters­heime wieder übernommen, da von der Spitzenorganisation der Gestapo , dem Reichssicherheitshauptamt, das die Fi­nanzen der Reichsvereinigung und damit die sämtlicher jüdischer Gemeinden Deutschlands kontrolliert, der Abbau vieler Gemeindeangestellter befohlen wurde. Davon ist auch die bisherige Referentin betroffen worden, und wie sie da­mals von mir, so übernahm ich jetzt von ihr diese mir liebe Arbeit seit dem 1. Mai und erzählte der Leiterin, Frau Tuchmann, wie es mir ging. Sie bot mir mit großer Herz­lichkeit das zweite Zimmer ihrer kleinen Dachwohnung an, in dem sonst ihre vierzehnjährige Tochter wohnte. Ich solle wenigstens so lange bei ihr bleiben, bis etwas Passendes für mich gefunden sei. Außerdem könne ich dann vom Heim aus mitverpflegt werden, was mir im Hinblick auf die zehn­stündige Arbeitszeit und den langen Weg besonders lieb ist. Heute abend noch ziehe ich bei ihr ein, kann dann morgen und übermorgen im Büro noch alles Notwendige regeln und fange Mittwoch früh mit der Arbeit in Lohhof an.

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