einer halben Stunde versuchten wir es wieder, der Sohn war am Apparat. Die Mutter käme gegen sieben Uhr heim. Noch eine Stunde Zeit! Wir liefen weiter durch die Straßen, auch hier verwüstete Läden und Menschen, die stumm den Schaden besahen, wieder von ferne Verhaftungen, wollte denn die Stunde gar kein Ende nehmen? Endlich konnten wir uns langsam zu Frau Bs. Wohnung begeben. Nun schlug es sieben Uhr! Ich läutete, sie öffnete mir selbst. Mein Herz klopfte, daß ich meinte, sie müsse es hören. Würde sie den Mut aufbringen, meinen Wunsch zu er­füllen? Stockend und zitternd brachte ich meine Bitte vor, angstvoll erwartete ich ihre Antwort. ,, Bringen Sie mir Ihre beiden Männer", sagte sie ruhig ,,, wenigstens bis morgen will ich sie gern behalten." Ich weiß nicht mehr, wie ich meinen Dank zum Ausdruck brachte, schnell holte ich Euch herauf, und bald danach machte ich mich, ein wenig beru­higter, mit Hanna auf den Weg zu Schwarzens. Unendlich erschöpft saß ich mit ihnen beim Abendbrot. Auch der Sohn war noch dort, ging aber gleich nach dem Essen fort, zu seiner eigenen Wohnung, wo ihn seine Frau schon drin­gend erwartete. Eine Stunde später läutete das Telephon, die junge Frau war am Apparat und fragte ängstlich, ob denn ihr Mann noch immer bei den Eltern sei. Frau Schwarz wurde blaß, der Sohn hätte längst zu Hause sein müssen, es gab nur eine Erklärung: man hatte auch ihn auf der Straße verhaftet und, wie alle Festgenommenen, in das Konzentrationslager nach Dachau gebracht!

Das Fenster des Zimmers, das man Hanna und mir so freundlich zur Verfügung gestellt hatte, ging auf den Platz, auf dem die Frauenkirche stand. Lange, lange konnte ich mich nicht entschließen, zu Bett zu gehen, ich stand am Fenster und sah auf die Türme des Doms, das Wahr­zeichen der Stadt München . Wie sollte es weiter gehen? Würde es glücken, Dich und Peter er wäre nicht der erste Siebzehnjährige, der jetzt verhaftet worden war!- vor Dachau zu bewahren? Aber was auch kommen würde,

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