häßlichen Schilder, die an allen Straßen aufgestellt waren. und weithin leuchteten: Juden sind hier unerwünscht! Auch die Nürnberger Gesetze schufen uns Pein: Mußten wir doch Hedwig ziehen lassen, unsere treue kleine Haushilfe, die völlig zur Familie gehört hatte. Sie hatte damals Deine Verhaftung miterlebt; sie war zu uns zurückgekehrt, sobald wir den festen Wohnsitz gefunden hatten. Und wie schwer wurde ihr der Abschied von uns! Dann mußten wir daran denken, die Kinder so schnell wie möglich etwas lernen zu lassen. Ostern 1937 zogen sie alle drei fort. Gustel, unsere Älteste, um in Argentinien ihren schon lang geliebten Jugendfreund zu heiraten, Peter und Hanna, um in Groß- Breesen, dem Lehrgut der Reichsvereinigung der Juden Deutschlands , zum Landwirt und zur Siedlersfrau ausgebildet zu werden. Es war schwer, sie alle gleichzeitig gehen zu lassen. Aber wir konnten uns bald davon überzeugen, daß sie sich alle drei am rechten Platz fühlten und die Ausbildung der beiden Jüngeren nicht besser hätte gewählt werden können. Gustel schrieb glücklich und war bemüht, alles für unsere Übersiedelung nach Argentinien vorzubereiten. Im Herbst 1938 schien es so weit zu sein, wir setzten unsere Ausreise für den 31. Oktober mit einem der Monte- Schiffe der Hamburg- Süd Schiffahrtsgesell schaft fest. Da kamen völlig unerwartet von Argen tinien neue Einreisebestimmungen heraus, die alle Pläne zerschlugen. Kurz zuvor Tilla war gerade wieder zur Erholung bei uns, und unser jetziger Nachbar, Dr. B., besuchte sie äußerte er seine Begeisterung über unser Haus und seine Lage und fragte, ob unser Hauswirt nach unserer Abreise das Haus nicht verkaufen wolle. Wir versprachen Dr. B. gern, unseren Wirt zu fragen, und überraschend schnell kam die Einigung zustande. Dr. B. wollte erst im Frühjahr mit seiner Familie einziehen, bis dahin sollten wir dort wohnen bleiben.
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Dann kam der 10. November 1938! Völlig ahnungslos waren wir am Morgen aufgestanden. Wir wollten uns
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