Reflexion zerstörten Glauben an das ewige Leben fagte er dem begleitenden Gefängnispfarrer:„ In wenigen Augen blicken weiß ich mehr als Sie". Der Glaube ift nach der klaffi fchen Formel des Hebräerbriefes, ein Überführtwerden von unfichtbaren Realitäten".
Die eindrucksvollfte Geftalt aber war Graf Helmuth von Moltke. Als wir, die wahrscheinlichen Todeskandidaten, uns im Korridor des Geftapo- Hausgefängniffes in der Lehrter Straße zum Abtransport nach Tegel verfammelt hatten, fiel von felbft ein wohl 2 Meter hoher Mann auf, der in Zucht hauskleidern ging. Als er mich beim Namensaufruf erkann te, nickte er mir mit befonders freundlichem Gefichte zu; und während ich noch mein Gedächtnis durchforschte, wo ich dies mir bekannte Gesicht fchon gefehen hatte, gab mir der Namensaufruf Antwort: es war Graf Moltke, der auch zu den gelegentlichen Befuchern meiner Gottesdienfte ges hört hatte. Im grünen Polizeiwagen gerieten wir nebenein ander, und da er in der dünnen Zuchthauskleidung fror, gab ich ihm meine Decke zum Wärmen.
Nach der Ankunft in Tegel wurden wir in einen verfchließ baren Raum gebracht, um die weiteren Formalitäten abzu warten. Einer jener kleinen menfchlichen Zwischenfälle trat ein, wie sie nur bei ganz altem, bewährten Beamtentum möglich find, das die Grenze der Routine kennt; der auf fichtführende Juftizwachtmeifter ließ uns einige Zeit allein, um uns das verbotene Rauchen und die ebenfo verbotene Unterhaltung zu ermöglichen. Für viele unter uns, auch für mich, war es die erfte Möglichkeit zu näherer Information nach langen Wochen ftrengfter Abgefchiedenheit. Moltke, Steltzer und ich faßen für eine Weile zufammen.
Mir machte die ruhige Sicherheit Eindruck, mit der Moltke auf Steltzer und einige andere einfprach:„ Machen Sie fich
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