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Aber auch in den eigenen Reihen waren Männer, deren Ge dächtnis wir als chriftliche Zeugen in Ehren halten müffen. Als ich mit den andern nach Tegel verbracht wurde, faẞ dort in einem andern Flügel fchon feit einem Jahre Dietrich Bon hoeffer. Durch den großartigen Amtsbruder Poelchau, den Gefängnispfarrer, konnte ich noch Grüße mit ihm tauſchen; gefehen habe ich ihn nicht mehr. Als der Zuſammenbruch nahte, ift er wenige Tage vor mir nach Nürnberg und von dort nach Floffenbürg verbracht, wo er beim Herannahen der amerikaniſchen Truppen noch ermordet wurde; als wir dort ankamen, war schon das gefamte Verkehrs- und Nachrich tenfyftem zufammengebrochen, fodaß kein Weitertransport möglich war, aber auch kein Befehl aus Berlin oder Hof, der letzten Zufluchtsftätte des Reichsficherheitshauptdienftes, mehr ankommen konnte. Das hat uns, menfchlich gefpro chen, vor dem gleichen Schickfal bewahrt.Was aber Bonhoef fer als Chrift in der Gefangenfchaft ertragen und in den Schriften und Gedichten diefer Zeit niedergelegt hat, das ift inzwifchen Befitz der Weltchriftenheit geworden. Einen andern aber habe ich in Tegel noch mehrfach gefehen und gelegentlich auch heimlich gefprochen, den Jefuitenpa ter Delp. Weder feine Kleidung noch auch fein etwas rufti kales Denkergeficht verrieten den Kleriker; er war Konver tit und einer der fcharffinnigften und einfallreichften Mitar beiter an den Stimmen der Zeit ", jenem bedeutenden, in jeder Hinficht hochftehendem Organ der Jefuiten. Seine Bei träge waren mir deshalb fo vertraut, weil wir manchen ver wandten Fragen und Aufgaben nachgingen, und uns gele gentlich bis in die Formulierungen fchriftftellerifch berühr ten. Er war wie die meiſten- ungebeugt und ungebrochen. Unvergeßlich ift der Bericht von den letzten Augenblicken vor feiner Hinrichtung: aus dem unmittelbaren, durch keine

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