fängniffen als„ Kalfaktoren"; denn in ihrer Wahrheitsliebe gingen fie ftets fo weit, daß fie auch die Grenze der Kame radfchaftlichkeit nicht gelten ließen. So war es für die Geftas po leicht, mit ihrer Hilfe die andern Gefangenen zu beauf> fichtigen. Aber ihnen gebührt trotz allem jene Achtung, die wir etwa den„ Schwärmern" der Reformationszeit schul den. Wie jene haben fie beiſpiellofe Blutopfer gebracht; keine chriftliche Gemeinschaft kann fich mit der Zahl ihrer Blut zeugen auch nur von ferne meffen. Ihre maffive Eschatolo gie hat es ihnen möglich gemacht, in der Erwartung einer baldigen befferen Welt wahrhaft unbekümmert in den Tod zu gehen; fie find in Scharen geftorben, bis die Geftapo es aufgab, fie hinzurichten.
Nun dienten fie auch bei uns und trugen unleugbar ein Ele ment der Menschlichkeit in das dunkle Haus. Nicht alle von ihnen find dem landeskirchlichen Pfarrer freundlich begegnet, aber meift waren fie gütig und umgänglich. Noch in ihrer fchwärmerifchen Einfeitigkeit waren fie menschlicher als viele der SS - Jünglinge, die brutal und in jeder Hinsicht formlos waren. Guftav aber, der für unferen Flur zuständig war, und deffen Familienname ich nie erfahren habe, trug eine achtjährige, zum Teil fehr fchwere Gefangenschaft mit einer fröhlichen und chriftlichen Gelaffenheit, an der alle Brutalität einer feindlichen Welt völlig ípurlos vorüberge gangen war. Und wenn es auch den Anfchein hat, als fei jetzt, nach wiedererlangter Freiheit, ihre eiferne Unbelehr barkeit wieder wie einft ihr hervorftechender Wefenszug, fo darf mich das nicht hindern, ihnen jenes Lob zu zollen, das ihnen gebührt. Sie können für fich in Anspruch nehmen, die einzigen Kriegsdienftverweigerer großen Stiles zu fein, die es im Dritten Reich gegeben hat, und zwar offen und um des Gewiffens willen.
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