gerühmte Ehre und Treue? Auch da war der große gefchicht liche Gegenfpieler nicht und darum keine letzte gefchicht liche Größe- nur die trümmerhaften Überrefte eines fpuk haften Schickfals.

Leider gab es fogar jenen unerfreulichen Typus des Mitge fangenen unter uns, wenn auch glücklicherweise nur in ganz wenigen Ausnahmen, der im Kz Kapo " gehießen hätte. Es ift erftaunlich und rätfelhaft zugleich, wie rafch in einer fol chen Situation die menfchliche Natur enthüllt, welcher Tiefen fie fähig ist. Wenn fo einer eben gerade eine geringfügige Auffichtsbefugnis erhalten hat, fchlägt er fich im gleichen Au genblick auf die Seite der Peiniger, ift härter und fchärfer als fie, keine Erinnerung an die eigene Situation bindet ihn, nicht einmal im Tonfall kann er freundlich und menfchlich fein. Es ift traurig, wie rafch ein Menfch der Unmenschlich keit verfallen kann. Aber die Gefchichte ift unbeftechlich­derjenige, der am deutlichften in meiner Erinnerung fteht, wird am 23. April genau wie die andern, liquidiert". Je länger unfere Haft währte, desto deutlicher trat hervor, daß eine andere Kraft die meiſten unter uns viel ftärker be ftimmte als die gemeinfame politifche Oppofition. Das war der chriftliche Glaube. Es war auffchlußreich zu fehen, wie einem nach dem andern diefer Tatbestand deutlich wurde, und war er erft erkannt, auch immer bewußter ergriffen wurde.

Das war weder verwunderlich noch neu.

In den letzten Jahren des Dritten Reiches hatte fich ein nicht unbedeutender kirchengefchichtlicher Wandel vollzogen. Je weiter die innere Zerftörug fortfchritt, um fo mehr hatten Viele in den chriftlichen Kirchen den Hort geiftiger und geift, licher Unabhängigkeit fehen gelernt. In jenen Jahren habe ich regelmäßig an einer Tafelrunde teilgenommen, die unter

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