nes Predigers des Evangeliums den Menfchen von Ruhm und Tadel der Welt gleichermaßen unabhängig macht, und habe deshalb auch zu keiner Stunde im Ernst meine Ehre durch die Behandlung, die in jenem Haufe üblich war, berührt ge fühlt. Wer nur einen innerweltlichen Ehrenkodex kannte, mußte allerdings tief getroffen werden.

Aber das waren doch nur Einzelerfcheinungen, genau wie die wenigen Furchtfamen.

Die meiſten waren von einer bewundernswerten Nobleffe und inneren Furchtlofigkeit.

Wenngleich an dem bitteren gefchichtlichen Urteil kaum et was zu ändern fein wird, daß der Adel durch ein unbegreif> liches Verfagen die gefchichtliche Führung verwirkt hatte, und daß er den Verluft der Glaubensfubftanz faft immer mit ei nem doppelt tiefen Abfturz in den Nihilismus hat bezahlen müffen, fo haben doch in diefen Tagen manche feiner Glies der diefe gefchichtliche Schuld mit Blut gefühnt. In Einzelnen wurden einige der edelften Züge des Adels durch Todesnähe und Glaubenszuverficht verklärt und neu geadelt. Ich erinnere mich zweier junger Edelleute, die in einem Ver hör einander gegenübergeftellt wurden, und die fich bei dies fem Anlaß nach Wochen der Haft zum erften Male wieder begegneten. Sie begrüßten fich nur mit einer knappen, zucht vollen Verbeugung, als trügen fie keine Feffeln, und fahen durch ihre Schergen hindurch wie durch Glas. Das war gros Be Form.

Da war ein früherer preußifcher Oberpräfident, der einen Tag voll Vernehmungen mit unmenfchlichen Folterungen hinter fich hatte; in unverwüftlicher Frifche betrat er abends den Luftfchutzkeller und fagte, während fchon die erften Bom ben herniederfauften, laut und herzhaft und ohne fich um die Wachen und das ftrenge Sprechverbot zu kümmern:

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