chen führten. Dann weckte er fogar bei aller Abfonderlich keit und Verfchiedenheit jenen leifen, unverkennbaren Zug von Sympathie, den auch der Gegner in uns lebendig macht wenn es eine klare und fachliche Gegnerfchaft ift. Er spürte, felber deutlich die Unentrinnbarkeit und das Unausweich liche in dem Gegenfatz zwifchen chriftlichem Glauben und Nationalfozialismus; wenn er die Formulierungen dafür ge habt hätte, würde er felber zugegeben haben, daß es zwi fchen der Erfatzgläubigkeit des NS- Fanatismus und dem, was der Chrift im Glauben bekennt, keine Verbindung ge ben konnte, daß jene fanatifche Gläubigkeit des National fozialisten, die eine vollſtändige Erfatzreligion, wenngleich nihiliftifcher Prägung war, den chriftlichen Glauben aus fchloß, weil fie das Erfte Gebot:, Du follft keine andern Götter haben neben mir", nicht gelten laffen konnte, und darum auch alle anderen Gebote nicht.
Im übrigen war er diefer feiner Welt völlig verhaftet. Er lebte in der kindlichen Vorftellung, die Pfarrer hätten außer ihrer fonntäglichen Predigt nicht recht etwas zu tun; und als ich einmal von einer kirchenfeindlichen Maßnahme der Partei beiläufig gefagt hatte, fie fei auch außenpolitisch ein fach töricht, braufte er auf:„ Was?! uns hilft nur eins- die geballte Fauft!" Das war immerhin gegen Ende des Jahres 1944, und es war wiederum nur ein weiterer kleiner Zug aus diefem gefpenfterhaften Untergang einer politifchen Welt, die fich felber nicht mehr realiftifch zu fehen vermochte, eben aus diefer vorgefaßten, fanatifchen Gläubigkeit heraus, die ihren Blick fo verdunkelte, wie ihre Propaganda fich das von der mittelalterlichen Frömmigkeit vorzustellen pflegte. Aber die beiden langen Vernehmungen, die er mit mir hielt, heben fich doch trotz aller Ähnlichkeit mit den andern deut lich in der Erinnerung von ihnen ab; er handelte, foweit ich
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