Magnus Poser

Vergangene Nacht wurde ein großer, kräftiger, blonder Mensch ins Revier eingeliefert. Man brachte ihn sofort in den großen Operationsraum. Die Ärzte wurden zu- sammengerufen. Sollte noch etwas gerettet werden, mußte die Operation ohne Zögern begonnen werden. Der Neue wies eine Anzahl schwerer Schußverletzungen auf. Sein bisheriger Blutverlust mußte schon sehr erheblich sein. In seiner Begleitung befanden sich einige Gestapobeamten. Sie forderten die Ärzte auf, alles daranzusetzen, den zu Operierenden am Leben zu erhalten. Eine seltene Tat- sache, die zum Nachdenken zwang. Was war die Ursache ihrer ungewöhnlichen Besorgnis?

Die Antwort auf diese Fragen gab der Angeschossene selbst. Als ein Gestapo -Mann ihm vor der Narkose noch die Frage stellte, ob er denn nichts mehr auszusagen habe, antwortete er:

Mit Verbrechern und Mördern habe ich nichts mehr zu sprechen. Glaubt ihr, mich weichgemacht zu haben? Ihr habt euch geirrt! Die erbärmlichsten Feiglinge seid ihr, die mir je unter die Augen getreten sind. Aber eure Stunde hat bald geschlagen. Ich weiß, daß ich sterben muß. Jetzt könnt ihr noch wahllos morden, aber bald seid ihr selbst an der Reihe. Die Ermordung noch so vieler Wehrloser wird euch nichts nützen, alle könnt ihr nicht hinschlachten, die Alliierten werden siegen und euch zur Verantwortung ziehen. Wenn ich es auch nicht mehr er- leben darf, so habe ich den Trost, daß eure Stunde un- mittelbar bevorsteht.

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