Kannst du dir vorstellen, wie schmerzhaft es für einen Menschen ist, wenn er 24 oder 48 Stunden und noch länger keine Möglichkeit bekommt, seine Notdurft zu verrichten. Weißt du, daß dies einen Zustand des Wahnsinns er­zeugt?!

Die Folgen blieben nicht aus. Selbsthilfe war die Pa­role! Scham, Erziehung und Anstand, das ,, Standes­gemäße" und vieles andere, alles wurde über Bord ge­worfen. Das Verlangen setzte sich durch: ,, Wir wollen nicht auf eine so elende Weise krepieren, wir wollen leben!" Und siehe da, für einen geringen Prozentsatz war eine Lösung gefunden, allerdings war sie nur einmalig. In einer dieser Baracken waren die Juden von der Wie­ner Aktion. Sie hatten sich schon einigermaßen akkli­matisiert. Geld hatten die Neuzugänge genug. Und so kaufte man im Handumdrehen sämtliche Hüte und Müt­zen von diesen für hohe Summen. Darin verrichteten sie ihre schon lange nötige Notdurft. Alle übrigen, die noch über eigene Kopfbedeckungen verfügten, folgten diesem Beispiel. Aus Mangel an Papier nahm man 50- oder 100­Markscheine. Am nächsten Morgen waren überall an den Stellen der schmalen Fensterlugen Berge von Hüten zu sehen. Auf Anregung eines Häftlings wurde mit Hoch­druck und Blitztempo eine zweite Latrine im Freien ge­baut. Aber was sind 2 Latrinen für 10 000 Menschen? Zumindest keine Lösung.

3 Barthel, Ohne Erbarmen

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