meines Lebens hatte ich gequalmt wie ein Schornstein, und was für Tabak! Seit einem halben Jahr priemte ich nun schon, mittlerweile sogar Tag und Nacht in einem fort. Außerdem hatte ich schon einmal aus Versehen ein Stück Priem herunter­geschluckt, und in meinem so gut wie leeren Magen war das allerdings ein recht unangenehmes Gefühl gewesen. Aber Herzklopfen und so etwas ähnliches, dazu hatte es bei diesem ersten ,, Herzschwächeversuch" bei mir nicht gereicht.

,, Hein", sagte ich ,,, die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube. So ein bißchen Nikotin wirkt bei mir nicht." ,, Dann nimm doch zwei Stück oder drei. Aber nicht mehr! Denn du kannst dabei Nikotinvergiftung bekommen, und richtig krank werden sollst du doch nicht. Denn dafür hat das Revier nicht die richtigen Medikamente."

Ich gehorchte. Aber ich war mir meiner Sache keineswegs sicher. Und außerdem hatte ich Angst; Angst, daß die Komödie nicht klappen könnte und daß ich unter dem üblichen Schwall von Stößen und Schimpfworten zur Strafkompanie geschickt werden könnte, wo ich infolge der schweren körperlichen Arbeit und der Mißhandlungen durch die Aufseher bald am Ende meiner Kräfte gewesen und als Leiche auf der Strecke geblieben wäre.

Morgens um vier Uhr stand ich von meinem Strohsack auf, kroch in den Waschraum und schluckte, nicht ohne Mühe, sechs Stück Priem nacheinander hinunter. Das war gerade das doppelte Quantum von dem, was Hein damals an seine letzte Stunde hatte denken lassen, und würde deshalb wahr­scheinlich genug sein. Aber als um fünf Uhr die Lagerglocke läutete und alles in fieberhafter Eile aufsprang, um sich anzuziehen und den nackten Oberkörper unter die Pumpe zu halten, da fühlte ich nichts als die Angst vor dem unge­wissen Ausgang der Komödie. In meiner Verzweiflung würgte ich auf gut Glück noch einmal sechs Stück Priem hinunter, trotz des Gespenstes einer Nikotinvergiftung.

Halb sechs; die Morgensuppe war heiß und süß, und ich bekam einen ganzen Liter voll. Ich stürzte die dünne Flüssig­keit auf einen Zug hinunter, und sofort war meine Stirn schweißüberströmt. Aber nicht wegen des Nikotins! Und als um sechs Uhr das Signal zum Antreten gegeben wurde, da packte mich wieder banger Zweifel, ob ich es wagen dürfte, zurückzubleiben und krank zu spielen, und ich kämpfte mich mit den Ellenbogen durch die Menge zu Hein durch und bat

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