etwas dicker und enthielt regelmäßig mehr Kartoffelstücke. Ein ganz besonderer Glücksfall war es, wenn man gar eine oder zwei ganze Kartoffeln mit in die Suppe bekam. Auf einen be­sonders großzügigen Schlag hatten natürlich die ,, Prominen­ten" das erste Anrecht, dann kamen die Vorsitzenden der ein­zelnen Tische und nach ihnen alle die, die sich entweder offen oder insgeheim nützlich gemacht hatten. Um mit dazu zu ge­hören, wurden oft die halsbrecherischsten Tricks angewandt. Bei der Ausgabe und Aufteilung der Brotration drohte jede Freundschaft und Kameradschaft in die Brüche zu gehen. Wenn einmal irgend etwas Eßbares, gewöhnlich der Rest der Suppe, unter die verteilt wurde, die sich nicht zu gut dafür waren, dann war der Andrang gewöhnlich so groß, daß ent­weder ein Unglück passierte oder ein wilder Kampf die un­ausbleibliche Folge war. Die Schwachen und Erschöpften hatten dabei nicht die geringsten Aussichten; nur die, die über die stärksten Ellenbogen oder über eine langjährige Erfahrung als Diebe oder Bettler verfügten, kamen dabei zum Zuge. Für die Leute, die sich noch als menschliche Wesen betrachteten und damit ein Mindestmaß von Anstandsbegriffen verbanden, war hier nichts zu holen. Sie konnten nur die Augen abwenden und das Gefühl des Bedauerns, auf einen Mund voll Essen verzichten zu müssen, der Scham über die Ent­würdigung vorziehen.

Fast an jedem Tisch gab es ein oder zwei Kostgänger, die sich einen Nebenerwerb daraus machten, die Teller der ande­ren zu reinigen, vorausgesetzt, daß noch ein Rest Suppe übrig geblieben war, den sie vom Teller auflecken konnten. Die meisten jedoch ließen auch nicht eine Spur von Feuchtigkeit in ihren Eẞgefäßen; nur die Nutznießer am ,, Essen organisie­ren" in jeder Form konnten es sich erlauben, die angebotenen Aufwaschdienste anzunehmen. Viele der Prominenten unter ihnen erlaubten sich diesen Luxus als ein Zeichen ihrer höhe­ren Würde. Bei den Außenkommandos bestand gewöhnlich keine Möglichkeit zum Aufwaschen. Aber wenn jemand trotz­dem den Wunsch hegte, sein Eßgeschirr am Abend fleckenlos in den ,, Block" zurückzubringen, dann war es das einzig Rich­tige, einen kleinen Rest von dem Essen, scheinbar aus Groß­mut, einem der vielen Bewerber übrig zu lassen. Das Gerät wurde dann so vollkommen sauber geschleckt, daß es eine Katze nicht besser fertig gebracht hätte. Dabei muß man

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