Yon dem Lebensmittelvorrat, der dem Lager zur Verfü- gung stand, wurden durch die deutschen Pöstcheninhäber er- hebliche Mengen auf die verschiedenartigste Weise unter- schlagen und abgezweigt, teils zum eigenen Verbrauch, teils für Tauschgeschäfte. Viele der Pöstchen und Stellen waren' mit dem Amt eines Sklaventreibers zu vergleichen und boten dadurch ausgiebig Gelegenheit, die Gefangenen zur Freigebig- keit zu zwingen, vor allem natürlich die, die dann und wann Lebensmittelpakete von zu Hause erhielten, also hauptsächlich Polen und Tschechen. Andere Pöstchen und Stellen bestanden im‘Wachdienst und wurden’ häufig lediglich dazu ‚ausgenutzt,
_ den anderen das Stehlen unmöglich zu machen; soweit jeden- falls diese anderen nicht zu den' Freunden, Geschäftsbe- ziehungen’ oder persönlichen„Sklaven“ der Diebe gehörten. Eine„Stelle“ im Kartoffelkeller, im Bereich der Küche, des‘ Brotlagers, der. Vorratskammern, in den Transportabteilungen, bei den Ausgäbestellen, in den verschiedenen Abteilungen der Kantine, in den Revieren, in denen die Sterbenden keine Nah-% rung mehr brauchten, um gar nicht von den verschiedenen Arbeiten im Lager der SS-Wachmannschaften zu reden, boten ständig günstige Gelegenheiten, Beute zu machen. Es gehörte: zum System dieser Lagerverwaltung, daß man bei allen Ver- trauensposten persönliche Initiative beweisen mußte;'nach nationalsozialistischer Auffassung sollte sich dabef# die gebo- rene Führerpersönlichkeit beweisen. Das führte dazu, daß der- Amtswalter für den inneren Dienst in seinem eigenen Inter- esse als„Führer“ gezwungen war, sich selbst um die Beschaf- fung von Kohle, Holz, Verbandszeug, Putz-, Scheuer- und Wischgerät, Nähzeug, Eimer, Büchsen und sonstigen Blechbe- hältern zu kümmern, kurz, um all die vielen Kleinigkeiten, die für einen Barackenhaushalt mit einigermaßen militärischem Anstrich unerläßlich sind, ohne, daß jemals auch nur die Hälfte von dem ‚gebrauchten angeliefert wurde. Was fehlte, mußte eben„organisiert“ werden.
Natürlich war das bei Androhung schwerster Strafen ver- boten, aber ebenso schwer bestraft wurde man auch, wenn man es nicht hatte. Denn zwischen.einem Schwindel, der die Unrechtmäßigkeit einer kühnen ‚„Besorgung“ vertuschen ‚sollte, und einem Schwindel, der den Mißerfolg bei der Be- schaffung des notwendigen Materials zu decken hatte, war im allgemeinen nur ein recht geringer Unterschied. Bei einem
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