den ausgemergelten Körper oder was davon an Haut, Knochen und Eingeweiden übrig sein mochte, aber wirkte es schlimmer als Opium, denn es hieß geradezu alle möglichen Krankheiten herausfordern. Und die Pusteln und Geschwüre schossen bald wie Giftpilze auf den Gliedern der ,, Abfallessér" in die Höhe, die bald einen Geruch ausströmten wie eine Jauchegrube. Man nahm sie erbarmungslos am Kragen, prügelte sie windelweich und warf sie mit Kleidern und allem Zubehör in einen Wasser­behälter, goẞ ihnen ein paar Eimer Wasser über den Kopf und jagte sie schließlich mit Stöcken und Peitschen an die Arbeit oder in einen entlegenen Winkel des Lagers, wo sie- nach europäischen Begriffen waren es ganz unmögliche Verstecke

trocknen konnten wie ein nasses Feudel auf einem Keh­richthaufen. Aber praktisch hatte das nicht den geringsten Erfolg. Denn die Aermsten fingen immer wieder von neuem an, bis die völlige Erschöpfung oder eine barmherzige Lungen­entzündung die Reste ihrer früheren Existenz ins Kremato­rium wandern ließ.

Es waren nicht nur Polen oder Russen oder andere Hun­gernde aus dem Osten Europas , die auf die Suche nach Ab­fällen gingen. Manchmal trieb es auch politische Gefangene aus dem Westen Europas auf diese wilde Jagd. Eher noch als die Deutschen , die bereits lange Jahre Zuchthaus, Gefängnis oder Lagerleben hinter sich hatten und die der Selbsterhal­tungstrieb gelehrt hatte, der Versuchung solcher unverdau­licher Abfälle zu widerstehen. Die deutschen Häftlinge hatten sich überhaupt andere Methoden ausgedacht, den Magen besser zu füllen, als es die Tagesration zuließ; im Organi­sieren" von zusätzlicher Verpflegung hatten sie so etwas wie eine höhere Kulturstufe erreicht, auf alle Fälle eine größere Geschicklichkeit. Nach Lage der Dinge mußten in einem deut­ schen Konzentrationslager mit Tausenden von Häftlingen aus allen Teilen Europas , von denen die meisten kein Deutsch verstehen, geschweige denn sprechen konnten, die meisten der Posten und Verrichtungen, die für die Regelung der Zwangs­arbeit und die wechselseitige Selbstversorgung mit allen mög­lichen Gebrauchsgegenständen unerläßlich waren, fast aus­schließlich in deutschen Händen liegen. Diese Pöstchen und Stellungen wurden mit irgendeiner Zulage zur Lebensmittel­ration belohnt. Das war eine ganz offizielle Regelung, und in-, offiziell wurde sie noch ganz erheblich ausgedehnt.

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