von böswilligen Mitgefangenen zum Selbstmord gezwungen zu werden. Genau so wie das Anfassen der elektrisch gelade­nen Drähte, die um das Lager gezogen waren, oder das nächt­liche Aufhängen an einem Balken im ,, Scheißhaus". Auf dem. Arbeitsgelände spazierte ein Sturmmann mit einer Peitsche umher, um jeden Häftling, der es wagen sollte, seine schmer­zenden Knochen zu schonen, mit ,, schlagenden" Argumenten ⚫davon zu überzeugen, daß er mit den anderen Schritt halten und seine ganze Ausdauer zum Weiterarbeiten einsetzen mußte. Ein weiterer SS- Mann schlenderte in Begleitung eines auf den Mann dressierten Polizeihundes an den Häftlingen vor­bei, ständig bereit, in Ermangelung besserer Aufgaben, den Bluthund auf jeden Unglücklichen loszulassen, der seine Auf­merksamkeit auf irgend etwas anderes richtete als die Zwangsarbeit, die man ihm aufgehalst hatte. Die natürliche Folge davon waren Biẞwunden, die selbst dann, wenn sie nicht gleich große Fleischfetzen aus dem Körper rissen, praktisch niemals zuheilten.

Dann und wann wurden beim Morgenappell die Lager­nummern einiger Häftlinge aufgerufen, denen die Freiheit ge­schenkt werden sollte. So etwas stellte einen der größten An­triebe dar, alle Energie zusammenzureißen, um die schwere Prüfung dieses Lagerlebens durchzuhalten. Um jedoch alle allzu lebhaften Anwandlungen von Heimweh nach der Frei­heit zu unterdrücken, wurden auch beim Abendappell die Lagernummern einiger Häftlinge aufgerufen in der Haupt­sache Polen, und diese Auserwählten, die ebenfalls im Eil­tempo vortreten mußten, ohne von irgendwem oder irgend etwas Abschied nehmen zu können, wurden in Begleitung von zwei SS - Männern in den ,, Bunker" geführt, um dort gehängt oder erschossen zu werden. Niemand hörte jemals etwas da­von, aus welchem konkreten Grunde diese armen Opfer hin­gerichtet wurden.

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Verschiedentlich schien ein Häftling verschwunden zu sein. War er etwa ausgerissen? Sobald auch nur eine Spur von Ver­dacht vorlag, daß jemand dem Totentanz im Lager hatte ent­fliehen wollen, wurde Generalalarm geschlagen und alle Ar­beit stillgelegt. Und der Appell dauerte so lange, bis der Flüchtling aus seinem Versteck herausgeholt worden war. Natürlich bedeutete der Appell gleichzeitig eine Fastenzeit von unbestimmter Dauer. Gewöhnlich wurde der arme Irre

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