II
NATIONALSOZIALISTISCHER LEBENSSTIL-
BEI GEFANGENEN
Jedwede Sensationslust liegt diesem Augenzeugenbericht fern. Nicht ein einziges Geschehnis wird darin wiedergegeben, das ich nicht selbst erlebt hätte. Der Bericht enthält keine einzige Schilderung, die nicht auf persönlicher Erfahrung beruht. Sine ira et studio!
Noch am ersten Abend empfingen wir einen Papierstrohsack und ein Paar zerschlissene schmuddlige Decken, die in Block 14 aufgestapelt lagen. Vor der Barackenwand zwischen dem vorderen Teil, in dem die langen Tische für das Abendessen und die Morgensuppe standen, und dem abgeteilten Raum für die Schlafpritschen durften wir uns, eng aneinander gepreßt, zum Schlafen hinlegen. Später würden wir vielleicht auch eine Pritsche bekommen. Wahrscheinlich ganz hinten irgendwo, wo die Polen lagen. In einem der Fächer des Holzgerüstes, wo drei Reihen Pritschen, eine über der anderen, vom Fußboden bis hinauf zum Dach aufeinandergetürmt waren. Gleich neben dem engen Waschraum und dem sogenannten ,, Scheißhaus", das über der Jauchegrube sechzehn primitive und reichlich wacklige Sitzgelegenheiten aufwies und gleichzeitig auch noch als heimlicher Rauchsalon, Zentrum des Schwarzen Marktes und politischer Club diente. Auf Jahre hinaus war dieses. ,, Scheißhaus" die einzige Zuflucht, die einzige Erholung für die Masse der Häftlinge, und das trotz des widerwärtigen Schmutzes, der zu dieser Einrichtung gehörte, und trotz der Tatsache, daß allein schon einer der unvermeidlichen Besuche an diesem Platz des Ekels für jeden eine Qual sein mußte, der noch nicht zu einer vertierten Gleichgültigkeit gegen solchen Gestank herabgesunken war.
Die Decken waren keineswegs frei von Ungeziefer. Und wer nicht geschickt genug war, sich schnell und ohne lange zu überlegen, die am wenigsten verdächtig aussehenden
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