Propagandazwecken zu entsprechen, genügte es vollauf, der Außenwelt das Bild einer einigermaßen anständigen Kleidung zu vermitteln.
Tatsächlich konnte man diesen Eindruck auch aus dem Auftreten der wenigen Häftlinge gewinnen, die der Außenwelt je vor die Augen kamen. Für diese Schaustellung genügte ein kleiner Bestand an anständigen Uniformen. Der Rest, die Bekleidung der Masse der ,, Konzentrationäre", war lediglich eine weitere Anwendung des gleichen nationalsozialistischen Grundprinzips, das auch in der Art der Unterbringung zum Ausdruck kommt und das allen natürlichen Vorstellungen von ,, ausreichend" vollständig zuwiderläuft. Nichts in den Konzentrationslagern genügt in irgendeiner Beziehung den bescheidensten Ansprüchen an Menschenwürdigkeit und alles wird im Namen einer unerbittlichen Ordnung geboten, der nicht einmal die düstere Weihe der Eingebung aus unmenschlichen Bereichen fehlt.
Im Handumdrehen lagen unsere Zivilsachen auf dem Fußboden der ,, Effektenkammer". Sommeruniformen waren im Augenblick nicht verfügbar. Deshalb erhielten wir als Ausrüstung zunächst nur ein Hemd ohne Knöpfe, Unterhosen mit Bändern an den Beinen, aber ohne Taillenband, eine Jacke, die offensichtlich schon eine Menge Dienstjahre hinter sich hatte, Hosen, die zum Teil wohl noch aus verschlissenem Stoff bestanden, im übrigen aber aus vielen Flicken zusammengenäht waren, ein Paar Socken, die jemand gestopft hatte, ohne das geringste davon zu verstehen, plumpe Schuhe, die nicht paßten und denen obendrein die Schnürbänder fehlten, und dazu noch eine Mütze, die durch Schlamm und anderen Schmutz viel zu sehr eingelaufen war, als daß man sie hätte tragen können.
Die Angestellten der Effektenkammer, Häftlinge in einigermaßen anständigen Uniformen und mit kurzgeschorenem Haar, gingen ans Werk, als hätten sie eine ganz mechanische Tätigkeit zu verrichten. Sie schienen die menschlichen Gestalten nur in Empfang zu nehmen, um sie gleich einem Umwandlungsprozeß weiterzureichen, dessen Ziel die Herstellung von Konzentrationslagerpuppen war. Nicht einmal eine Amtsmiene setzten sie dabei auf. Gesten ersetzten bei ihnen die Worte.
Von unseren eigenen Kleiderbündeln durften wir nur die Hosenträger, ein Brillenfutteral, ein Taschentuch und eine
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