munter, aus unserem dumpfen Kasten heraus und marschier­ten durch ein Tor zwischen hohen Gittern. Vor uns lag ein weiter freier Platz mit einer breiten Straße in der Mitte..

Links von der Straße war der Boden gepflastert. Rechts sah man Sonnenblumen, Rasen und anderen bescheidenen Grünschmuck, der über die Hälfte der Fläche bedeckte. Um den Freiplatz herum standen ganze Reihen von einstöckigen Baracken, eingefaßt von einem hohen Stacheldrahtzaun mit festen hölzernen Wachtürmen an den Ecken. Nach der.monate­langen Einzelhaft in enger Gefängniszelle war es geradezu ein Genuß, über sich den weiten Himmel und die jagenden Wolken zu erblicken. Wie in einem Rausch marschierten wir rechts auf eine der Baracken zu, einen weißgetünchten Steinbau, und im Handumdrehen wurden wir dort unsere Kleidung los und mit der Uniform des Konzentrationslagers ausgerüstet.

Was heißt schon Uniform!

Auch für die Uniformen in den deutschen Konzentrations­lagern gilt der grundlegende Unterschied zwischen Schein und Sein, zwischen der Propaganda und der zu vertuschenden Wirklichkeit. Für Propagandazwecke, der Außenwelt zuliebe hat man in der Uniform so etwas wie ansprechende Nüchtern­heit gewahrt: Kniehosen, Jacke und Mütze, alles in blau und grau gestreift, deutsches Fabrikat natürlich, unabhängig von der Tyrannei eingeführter Rohstoffe und deshalb ganz aus Zellwolle hergestellt. Im Grunde gar nicht so übel, recht solide und zum Tragen bei körperlicher Arbeit sehr geeignet. Im Sommer war der Anzug aus leichterem Stoff gefertigt als der für die übrigen Monate. Im Winter kam ein Mantel ähnlicher Machart hinzu, ebenfalls mit Kragen, mit einer Reihe von Knöpfen und von oben nach unten gestreift.

Auf den ersten Blick sah es so aus, als wäre der lange Mantel mehr für Paradezwecke geeignet als zur Vervollstän­digung der Bekleidung für die Arbeit im Freien. Aber der Schein trügt. Wenn die Mantelschöße die Bewegung der Glie­der behindern, dann wird der Mantel einfach unter der weiten Jacke angezogen, so wie eine Weste mit Aermeln, und die Schöße werden in der Hose um die Schenkel herumgeschla­gen. Der Stoff ist dünn genug, um das zu ermöglichen, und um die Glieder den erforderlichen Maßen anzupassen, ist gar kein langer Aufenthalt im Konzentrationslager notwendig. Auf Abmagerungskuren versteht sich das Regime. Um den