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Nerven versagen. Er muß sich mehrere Male am Tage kalt ab­waschen; sein Blut fiebert und drängt zum Schädel. Wie um alles in der Welt halten es bloß die Genossen in den anderen Zellen aus? In jedem dunklen Loch liegt einer, und kaum ein Laut ist zu hören. Sie werden alle wie sein unruhiger Nachbar -langsam mürbe werden und zerbrechen. Daß noch keiner tob­süchtig wurde; daß noch keinen der Wahnsinn packte?... Torsten kauert auf dem Strohsack und denkt an die Genossen, zwischen denen er liegt, und die alle, wie er, Tag und Nacht in der Dunkelheit hocken und kein Ende sehen. Diese Ungewißheit ist das schrecklichste. Keiner weiß, wann er wieder Licht, wieder Sonne sehen darf. Keiner weiß, ob er sie überhaupt jemals wiedersehen wird. Wie sind die zu beneiden, die eine helle Zelle haben, in die die Sonne scheint. Einzelhaft ist gar nicht so schwer, aber immer und immer im Finstern hocken...

Es überfällt einen Furcht vor den eigenen Gedanken. Gelingt es, sich auf irgend etwas zu konzentrieren, in eine Erinnerung zu fliehen, ersehnte Zukunftswünsche sich auszumalen, dann zer­stört plötzlich alles der Gedanke: du tust das ja nur, um dich ab­zulenken, dich zu betrügen, dein Los zu vergessen!... Ernstliche Sorgen macht sich Torsten um seinen Nachbar, der seit einigen Tagen vollkommen gebrochen zu sein scheint. Das unsinnige Klopfen hat er aufgegeben. Er rennt auch nicht mehr in der Zelle umher. So angestrengt Torsten horcht, er hört kaum Schritte. Der Junge ist offenbar am Ende. Daß diesen lebhaften Freund die Dunkelheit bald knicken würde, war vorauszusehen. Ach, groß sind die Opfer, die gebracht werden müssen. Wie furchtbar, langsam und unrettbar einsam zugrunde zu gehen. Wenn es doch nur eine Verständigungsmöglichkeit gäbe?... Er hat immer wieder in regelmäßigen Abständen geklopft!... Das

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