scheinend nicht mehr. Der arme Junge wird sicher ganz durcheinander sein. In solchen Nächten versagen die stärksten Nerven. Und jeden Augenblick muß man gefaßt sein, daß diese Prügelbestien in die eigene Zelle eindringen. Wehrlos ist man diesen zwanzigjährigen SS- Burschen ausgeliefert.
Es ist zum Irrsinnigwerden, immer noch wird mit maschineller Gleichmäßigkeit oben auf den Menschen gehämmert: Klatschklatsch! Klatsch- klatsch! Mein Gott, mein Gott! Und nichts weiter ist zu hören, nichts weiter. Kein Schreien, kein Jammern, kein Fluchen, kein Reden, nur immer: Klatsch- klatsch! Klatschklatsch!...
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Und die übrigen Gefangenen? Aus keiner Zelle dringt ein Laut. Sie liegen wie Torsten · kalten Schweiß auf der Stirn, am ganzen Körper zitternd, mit stieren Augen auf ihren Pritschen und haben entsetzenerregende, schauerliche, rachedurstige Fieberphantasien...
Von finsteren, nachtdunklen Verließen fiebern sie, die tief unter der Erde liegen... Hier verhungern, vermodern, verfaulen Menschen, die SA- und SS- Uniformen tragen... Von langen Kellergewölben, an deren Wänden alle zwei Meter ein Mensch angekettet ist... Einige sind bereits zu Skeletten geworden, andere, die neuerdings eingeliefert wurden, sehen sich, Wahnsinn in den Augen, in dieser Gesellschaft... Sie tragen Uniformen von Standartenführern, ihre Gesichter sind jedem Gefangenen bekannt... Furchtbare, grauenvolle Träume sind es, die in solchen Nächten mit offenen Augen auf den Pritschen geträumt werden.
Am Morgen, bei der Kaffeeausgabe, findet Wachtmeister Lenzer den Schutzhaftgefangenen Fritz Koltwitz unangezogen mitten in der Zelle liegen. Er denkt, der ist verreckt, und tritt näher heran. Da sieht er, daß der Gefangene noch lebt. ,, He, du Mistbiene,
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