Stoßweise keucht der Zusammengebrochene: ,, Ich bin... Kriegs­... invalide!"

Riedel stutzt. ,, Kriegsinvalide bist du?" Er betrachtet den vor seinen Füßen Keuchenden und nach Atem Ringenden. ,, Wo bist du denn invalide?"

Da tritt der Gefangene Dr. Kalkrauch, der im ersten Glied steht, einen Schritt vor und meldet: Der Schutzhaftgefangene Johann Nagel ist zweimal verschüttet gewesen und hat eine Gasvergif­tung erlitten. Er hat nur noch eine halbe Lunge!"

Scharführer Riedel entfärbt sich. Er steht eine Zeitlang da und betrachtet den kriegsinvaliden Schutzhaftgefangenen. Hinter sich weiß er dreißig Augenpaare auf sich gerichtet. Der Posten kommt von der Mauer langsam herangeschlendert.

,, Aber warum hat er mir denn das nicht gesagt?"

Riedel winkt den Arzt und noch zwei Gefangene herbei: Los, faßt doch an! Der kann doch nicht hier liegenbleiben! Legt ihm ' ne Wolldecke unter den Kopf!"

Johann Nagel wird von seinen Kameraden in den Schatten ge­tragen. Er atmet schwer und leise pfeifend.

,, Daß der mir nun ein Wort von seinem Zustand sagt! Ein Kerl ist das..."

Riedel ist plötzlich ruhig geworden. Er ruft ins Fenster der Wachtstube, man solle ihm seine Thermosflasche herausreichen und auch das belegte Brot aus seinem Spind.

Den Kaffee trinkt Nagel gierig, das Brot weist er zurück. ,, Na, iẞ schon, hast vielleicht lange nichts gehabt!" Der Gefangene weist es immer wieder ab.

,, Dann behalt es wenigstens, wirst später Hunger bekommen!" Scharführer Riedel ist nicht wiederzuerkennen. Er läuft herum, sorgt sich um den Kranken, kümmert sich darum, daß der Heil­diener geholt wird, und spricht dem japsenden, erschöpften

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