Rund um ihn ist Schweigen. Auch aus der Nachbarzelle kommt keine Antwort. Tetzlin klopft an die Wand.
,, Du, hörst du? Hörst du?" keine Antwort, kein Klopfen kommt. Tetzlin hängt sich wieder ans Fenster, preßt sein glühendes Gesicht an die Gitterstäbe und ruft:„ Haben sie dich auch mißhandelt?" ,, Ja!" antwortet es nebenan.
,, Hast du... hast du... ausgesagt?"
,, Nein!"
Tetzlin prallt vom Gitter zurück. Wortlos starrt er auf den Hof hinaus, ins Scheinwerferlicht, auf die dunkle Mauer, die breiten Baumwipfel, den morgendlichen Himmel. Schritt um Schritt weicht er vom Fenster zurück, bis er mit dem Rücken an die Zellentür stößt. So steht er lange und starrt zum Gitterfenster hin...
Gottfried Miesicke wird nach seiner Vernehmung nicht auf die Polizeistation in Einzelhaft gesteckt, sondern auf den Boden des Untersuchungsgefängnisses gebracht: auf die Sperlingshöh". Früher wurden diese Böden zur Aufbewahrung von Gerümpel verwendet; als aber die Massenverhaftungen nach dem Regierungsantritt Hitlers eine unvorstellbare Überfüllung aller Gefängnisse mit sich brachten, half sich die Verwaltung des Untersuchungsgefängnisses, indem sie die riesigen Böden des Gefängnisses in Massenzellen umwandelte.
Miesicke und die fünf Gefangenen, die mit ihm heraufgebracht werden, betreten einen menschenüberfüllten, drückendheißen, großen Raum. Kaum schließt sich die Tür hinter ihnen, werden sie mit lautem Hallo in Empfang genommen. Einige haben Bekannte unter den Zugängen, die umringt und ausgefragt werden. Miesicke kennt keiner.
An den Wänden stehen in langen Reihen Feldbetten und dazwischen Tische, an denen Schach und Karten gespielt wird.
5 Bredel, Prüfung
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