Jetzt wurden häufiger Namen aufgerufen, Gefangene zur Ver- nehmung geholt. Auch der elegante Ladenräuber ist geholt und wieder hereingebracht worden.„Es war ja doch alles verpfiffen”, erzählt er bereitwillig,„da habe ich ein Geständnis abgelegt. So wird mir wenigstens die Untersuchungshaft angerechnet, und ich habe bei den Bullen eine gute Nummer!”...
Ein Mitgefangener, ein rothaariger Friseur, der wegen Exhibitio- nismus vorbestraft und jetzt wieder deswegen verhaftet ist, macht sich an Miesicke heran und flüstert ihm zu:„Du, die sagen, ich werde kastriert. Es gibt jetzt derartige Gesetze. Ob sie das wirk- lich tun?”
„Lassen Sie mich doch bloß in Ruh!“ schreit Miesicke den Rot- gelockten mit dem weißen Mädchengesicht an.
„Du wirst nicht kastriert!” erwidert ein anderer, der die Frage gehört hat.„Dir werden sie aber den Schwanz abnehmen!” Der Friseur ist bestürzt. Er ereifert sich. Er will nicht glauben, daß es solche Gesetze gibt. Er meint, der Nationalsozialismus sei eine politische Bewegung, und er sei doch kein politischer Ver- brecher. Keiner habe ein Recht, ihn zu kastrieren. Er verstehe überhaupt nicht, was das den Nationalsozialismus angehe. Und im übrigen sei er selbst Nationalsozialist. Seit 1931 habe er nur nationalsozialistisch gewählt, und in allen Versammlungen, die er
‚besucht habe, sei niemals von Kastrieren die Rede gewesen...
„Min Olsch hett mi denunziert. Lot mi man wedder na Hus komm’n, de verbleu ik den Mors mit de Brotpann!”
„Wat hett se denn von di angeben?”
„De Jung wull in de Hitlerjugend. Do bin ik dortwischen fohr’n. Ik heff to em seggt: Wenn du de geele Oopenjack antreckst, smiet ik di rut und dien Modder achter noh! Nu sitt ik hier for de geele Oopenjack. Na, lot mi man wedder rut komen!“ „Miesicke! Gottfried Miesicke!”
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