Miesicke betrachtet den Verratenen, staunt über das unverdor­bene, kindliche Gesicht, das zu dem schaukelnden Gang und den groben Worten so gar nicht paßt.

,, Mit was rechnest du?"

,, Rechnen? Rechnen? Ich rechne gar nicht! Scheiße ist alles!" Miesicke gegenüber sitzt ein vierschrötiger Arbeiter in weiten, grobgerippten Manchesterhosen. Die Ellenbogen hat er auf die Knie und den Kopf auf die Fäuste gestützt. So starrt er vor sich hin.

Kurze Zeit darauf kommt wieder Zuwachs, erst drei, dann mit einem Male neun Gefangene. Es ist laut und lebendig geworden. Miesicke sitzt immer noch auf seinem Platz und beobachtet, horcht, staunt. Viele Jungen unter ihnen. Einige Burschen be­nehmen sich sorglos laut, lachen, necken sich, steigen auf den Holzverschlag des Klosetts und sehen zum Fenster hinaus. Einer geht an die Tür und ballert mit der Faust dagegen. Sie wird ge­öffnet.

,, Naa, was ist los?"

,, Wi is dat mit Kaffee, wi hefft Kooldamp?"

,, Gibt's gleich!" Mürrisch schlägt der Beamte die Tür wieder zu. Ward ok bald Tied, de Bande is to ful!"

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Miesicke ist sprachlos. Und ist noch sprachloser, als tatsächlich gleich darauf der mürrische Beamte zurückkommt, über seine Brillengläser hinweg in die Zelle blinzelt und fragt:

,, Für wie viele?"

,, Sosstein Mann!"

,, Nee, achtein! Achtein Mann!"

Der Beamte reicht Blechkummen herein. Ein anderer, ein Stahl­helmer, verteilt Schwarzbrotstücke und schöpft aus einem damp­fenden Eimer Kaffee.

,, Sie haben doch schon Brot?"

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