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Die Straße, aus der sich der Fremde nun mit eiligen Schritten entfernt, heißt: Bei den Friedhöfen.

In den Colonnaden drängen sich die Menschen. Sie flüchten vor der unerbittlichen Sonne unter die schattigen Arkaden.

Ein schmächtiger, schwitzender Mann, Gottfried Miesicke, Her- renkonfektion en gros, hüpft an den vor ihm Schreitenden vor- bei, fuhrwerkt nervös mit der rechten Hand in der Hosentasche und kichert, seinen Oberkörper krümmend, vor sich hin. Teils belustigt, teils verächtlich blickt man ihm nach. Miesicke ist selig. Miesicke ist mehr als selig; die ganze Welt möchte er um- armen. So einen Dusel. Es fällt ihm schwer, an die Order zu glauben, die er in der Tasche hat. Es ist einfach unglaublich. Seit zwei Jahren schleppt er sich damit von einer Saison zur- andern; hoffnungslos eingefrorenes, aufgegebenes Kapital, an dem die Motten fressen. Und nun, nein, dieser Dusel bares, blankes Geld. Und das in dieser Zeit. Bei dieser Flaute. Miesicke, Miesicke, der einzige, wahre und allmächtige Gott hat dich nicht verlassen. Und dieses Barönchen, diese blöde, zerhackte Visage, ein Prachtjunge. Achtzehn Kartons Krawatten mit einem Schlage verramscht. Was heißt verramscht, günstig, unerhört günstig ab- gestoßen. Und nur weil dieser da na, wie heißt er doch noch? Miesicke stoppt und zieht eine aus der Rocktasche ragende Modezeitschrift hervor, schlägt sie auf und betrachtet mit dank- barem, verliebtem Blick das Photo eines glatzköpfigen Mannes: Baron von Kaldung-Ohlenhausen. Netter Kerl. Miesicke ist ganz gerührt. Achtzehn Kartons, einhundertacht Dutzend Krawatten, rund vierzehnhundert Reichsmark. Und das bei dieser Flaute. Nicht auszudenken. Miesicke stöhnt vor Wonne.

Für den Sommertag hat er keine Augen. Genau so wenig wie für die Passanten, die ihm nachblicken. Er hat auch kein Empfinden

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