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arbeiter. In einigen Betrieben soll schon wieder gut gearbeitet werden, in der Metallfabrik von Menck& Hambrock in Altona , bei Calmon- Gummi in Barmbeck, bei Reemtsma in Bahren feld ... Wie viele Betriebszeitungen wohl noch erscheinen? Ob die Verbindungen mit den einzelnen Stadtteilen noch funktionieren? Ob wohl durch die Massenverhaftungen auch der Kurierapparat stark in Mitleidenschaft gezogen ist? Dreihundert der besten, der aktivsten Funktionäre an einem Tag verhaftet, ein schwerer Schlag. Jetzt heißt es neue Kader heranziehen, mit neuen, unerfahrenen Genossen die Arbeit wiederaufnehmen. Eine Heidenarbeit. Aber wir müssen es schaffen.
... Und wenn auch ich verhaftet werde?
Dann wird eben ein anderer an meine Stelle treten.
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Der Fremde geht an einem alten Friedhof vorüber. Die Grabsteine sind schwarz, unleserlich und oft moosbewachsen; die Gräber sind verwahrlost. Plötzlich bleibt er stehen und blickt auf ein großes, rotes Gebäude hinter einer hohen Mauer. Ein Gefängnis gegenüber dem Friedhof mitten in der Stadt. Wahrscheinlich das Untersuchungsgefängnis... Der Fremde lehnt sich an das Friedhofgeländer und blickt zum Gefängnis hinüber, zu den vielen vergitterten Fenstern hinauf... Hinter jedem Gitter liegen vielleicht Genossen... Wie viele leben nur noch in der Hoffnung auf die Revolution?... Wie viele haben ihren sicheren Tod vor sich?... Werden nicht in Hamburg die Hinrichtungen im Untersuchungsgefängnis vollzogen?...
Wie still dieses Haus ist, hinter dessen Mauern, hinter dessen Gittern tausend Herzen schlagen, tausend Hirne fiebern, tausend Männer und Frauen auf die Stunde der Befreiung warten... Ein alter Arbeiter kommt vorüber. Ohne den gebeugten Kopf zu heben, wirft er einige Blicke nach den Zellenfenstern hinauf.
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