Und nun: Hamburg . „Ratternd fährt der Zug über die eiserne Brücke der Süderelbe . Der Fremde ist noch nie in Hamburg gewesen. Er fährt in diese
Stadt mit neugieriger Freude und‘— heimlicher Angst, mit einem nicht abzuschüttelnden Gefühl des Unbehagens. Vergeblich sagt er sich: in einer Millionenstadt und Hafenstadt wie Hamburg läßt sich doch leichter konspirativ arbeiten als in einer mittleren Industriestadt wie Chemnitz . Er wird aber ein Frösteln an diesem heißen Augustmorgen nicht los...
Weiden und kleine Felder, geduckte niedersächsische Bauern- häuser mit ihren hohen, bemoosten Strohdächern fliegen vorbei und gleich darauf große Blocks moderner, vielstöckiger Neu- bauten. Die Bremsen kreischen. Ein kurzer, gellender Pfiff. Ruckartig verlangsamt sich die Fahrt. Der Zug fährt durch Wilhelmsburg .
Die Fahrgäste werden unruhig. Die einen legen ihr Gepäck griff- bereit und nehmen ihre Mäntel über den Arm, andere drängen zu den Fenstern: der Hafen kommt in Sicht.
Schiff an Schiff liegen hier in langen Doppelreihen die Ozean- dampfer, schlafende Ungeheuer, mit stählernen Trossen an schwarze Pfähle gefesselt. Um sie herum schaukeln Barkassen und kleine Schlepper. Obgleich Werktagmorgen ist, liegen die langen Fronten der Schuppen verödet; die großen Krane an den. Kaimauern starren leblos ins flimmernde Licht. Hier und dort bewegen sich Menschen. Gearbeitet wird nur an einigen Damp - fern, die direkt am Kai vertäut sind.
„Sagen Sie mal, ist heute in Hamburg Feiertag?“ fragt harmlos einer von den Reisenden, die am Fenster stehen.
Ein alter Mann antwortet:„Seit der Krise ist jeder Tag in Ham- burg ein Feiertag, Herr!”
Lächeln.


