ihn geschätzt, aber mich kaum mit ihm politisch oder persönlich unter­halten. Er war ein guter Kamerad, der seine Pflicht tat. Nun sagt er:

, Walter, ich weiß nicht, ob sie dich freilassen. Ich wünsche es dir. Aber gleichviel! Ich muß dir zum Abschied sagen: was du hier getan hast, hat mir den Glauben an das Gute im Menschen wiedergegeben." Und ehe ich ganz begriffen habe, was er mir da sagte, ist er auch schon wieder aus dem Zimmer hinaus. Das sagt mir ein Unbekannter! ein kaum von mir Beachteter! Und er sagt es mir in einem Augenblick, da ich es ihm nicht mehr entgelten kann.

Sela! Nun habe ich die innere Kraft auch für den letzten Weg durch Buchenwald !

茶茶

Jetzt stehe ich auf dem Flur der Politischen Abteilung und mit mir noch sechs, sieben andere Häftlinge, die auch entlassen werden sollen. Wir bekommen einen Fahrschein nach unserem Wohnort, einen Schein, nach dem wir vorläufig auf Probe entlassen sind, und werden angewie­sen, uns innerhalb 24 Stunden nach Eintreffen in unserem Wohnort auf der Geheimen Staatspolizei zu melden.

Dann ruft mich der Leiter der Politischen Abteilung, SS.- Obersturm­führer Frerichs, aus der Häftlingsgruppe heraus in das Zimmer, in dem einstmals meine Personalien aufgenommen wurden. Dort sitzen die Scharführer an den Schreibtischen und vor den großen Karteikästen. ,, Kommen Sie mit", sagt Frerichs zu mir und geht voraus in ein zweites, fast leeres Zimmer. Was soll da geschehen? Ich halte mich dicht hinter ihm, denn ich bin fest entschlossen, nicht wehrlos zu sterben. Er geht aus dem leeren in ein dahinterliegendes Zimmer. Es ist sein Arbeitszimmer. Meine Nerven sind aufs äußerste gespannt. Das leere Zimmer, das ist der Schalldämpfer! O, ich kenne diese Methode nur zu gut! Und mein Entschluß ist zu sekundenschneller Tat bereit.

,, Schließen Sie die Tür!" sagt Frerichs zu mir. Ich schließe die Tür, ohne ihn aus den Augen zu lassen.

,, Sie werden heute entlassen. Ich weiß, Sie haben hier Dinge gesehen, die die Öffentlichkeit vielleicht heute noch nicht ganz versteht. Sie haben darüber absolutes Schweigen zu bewahren. Sie wissen das, ja? Und wenn Sie es nicht tun, dann sind Sie bald wieder hier, und was Ihnen dann passiert, das wissen Sie auch."

,, Ich weiß das, Herr Obersturmführer." Und ich füge aus einem inneren, mir völlig unerklärlichen Zwange, der mich unwiderstehlich

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