befanden, waren zwei junge SS.- Mediziner in schmucken Uniformen im Lager erschienen, hatten trotz der im Lager herrschenden furchtbaren Raumnot eine Baracke räumen lassen und dann aus ihrem Feldlaboratorium unzählige Kästen und Kisten, Instrumente, Mikroskope, Brutschränke, Flaschen, Schalen, Reagensgläser, Pipetten und was weiß ich auspacken lassen. Es wurde ein bakteriologisches Institut eingerichtet, wie es die modernste Universität nicht besser haben konnte!
Und dann begaben sich die beiden SS.- Mediziner an die Arbeit. Unserm Rudi, der sowieso schon total abgekämpft war, weil er buchstäblich ununterbrochen Tag und Nacht arbeitete und sich in letzter Zeit auch nicht sonderlich wohl fühlte, war diese Hilfe nur recht. Und bald kamen auch aus dem physiologischen Institut die ersten Resultate, und die Häftlingspfleger hatten in Hülle und Fülle zu tun, um die von dort ermittelten Ruhrkranken wenigstens einigermaßen unterzubringen.
Merkwürdig nur, das waren ja eigentlich ganz andere Kranke als die, die Rudi angab! Aber es gibt ja auch leichtere Ruhrfälle. Und doch, die Sache wird noch eigenartiger. Der Stuhl von Ruhrkranken wird von dort als bazillenfrei gemeldet.
Dr. Zahel, der Lagerchirurg, hat während dieser Zeit die Vertretung des Lagerarztes. Die Häftlingspfleger tragen ihm unsere Beobachtung vor. Er geht durch die Isolierbaracken und überzeugt sich selbst von den völlig unterschiedlichen Krankheitszuständen. Geht dann in das Labor zu unserem Rudi, läßt sich Ruhrpräparate unter das Mikroskop legen und schaut immer wieder durch das Okular. Dann hinauf in das physiologische Institut. Als er zurückkommt, bringt er Präparate mit, die dort oben soeben als positiv festgestellt wurden. Rudi schiebt sie unter das Mikroskop. Er kann nirgends Ruhrbakterien entdecken.
Gerade als sich Zahel an das Mikroskop setzt, betrete ich das Labor. Zahel stiert und stiert, schiebt, schraubt und stiert und stiert. Als er das Auge vom Okular nimmt, sehe ich leichte Schweißtropfen auf seiner Stirn. Diese Schweißtropfen kenne ich von den Operationen her. Die kamen immer, wenn eine Sache schief zu gehen drohte und dann doch nicht schief ging.
Ich verstehe nicht viel vom Mikroskopieren, aber ich habe mir gleich damals, als Rudi die erste Meldung brachte, die kleinen gefährlichen Bazillen angesehen, ihre Form mit den Zeichnungen in der Fachliteratur verglichen und sie auch später dann noch häufig genug gesehen. Auch ich finde nicht die Spur eines jener charakteristischen Stäbchen.
Keiner von uns dreien spricht ein Wort. Jeder weiß, was der andere denkt, aber keiner sagt etwas. Zahel sieht auf die Uhr. Es ist kurz nach
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