handelt es sich um die Organisierung einer KL.- Verstärkung, d. h. Kon­zentrationslagerverstärkung. Zweierlei wird mir klar: Eine sofortige ,, Liquidierung" des Lagers ist nicht ins Auge gefaßt und es wird mit einer starken Zunahme der Belegungszahl gerechnet.

Am nächsten Tage schon treffen die ersten Mitglieder der KL.- Ver­stärkung ein, in der Hauptsache ältere SS. - Männer mit körperlichen Ge­brechen leichterer Art. Ihre Aufgabe soll es sein, nach einiger Zeit die Bewachung und den Dienst im Lager allein zu übernehmen, während die bislang eingesetzten Kräfte für den Frontdienst zur Verfügung ge­stellt werden sollen. Über acht Monate lang habe ich diese Umgruppie­rung beobachtet. Eine Schwierigkeit löste dabei die andere ab, und von einer alleinigen Übernahme konnte niemals die Rede sein.

Die Hauptursache dafür lag darin, daß es sich bei der KL.- Verstär­kung um SS. - Leute handelte, die nicht nur den Nationalsozialismus kannten, sondern auch durch eine, andere Zeit" gegangen waren. Sie hatten zum größten Teil den vorigen Weltkrieg an der Front mit­gemacht und hatten die Zeiten der Republik erlebt. In ihnen war noch ein unausrottbarer Rest von Rechtsbewußtsein, sie waren noch nicht ganz frei von jenen moralischen Kräften, die die Natur und die mensch­liche Erziehung in jede Menschenbrust verankert, von den Kräften des Mitfühlens und Mitleidens. Sie hatten kein ,, Buchenwaldformat"! Und darum sah sich die Lagerleitung veranlaßt, wenigstens die Hauptfunk­tionen, die Zentralleitungen in den Händen ,, bewährter" SS. - Leute zu lassen.

Wenige Tage nach Eintreffen der KL.- Verstärkung hatte ich zwei typische Erlebnisse.

Da war der SS.- Mann Rose, ein Handelsvertreter aus Berlin , der dem Häftlingsrevier als SDG. zugeteilt wurde. Rose war etwa 50 Jahre alt, verheiratet, hatte erwachsene Kinder, war gutmütig und durch und durch anständig. Schon bei der ersten Begegnung glaubte ich beobachtet zu haben, daß er unsicher und ängstlich war, und daß er zu jener Sorte Menschen gehörte, die weniger aus eigenem Antrieb und mehr ge­schoben der SS. angehörten.

Die Lagerzugänge wurden an diesem Tage der ,, ärztlichen" Aufnahme­untersuchung in einer Baracke unterzogen, die am unteren Rande des Appellplatzes stand. Rose war zugegen, um den Betrieb kennenzulernen.

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