ich nun in Deutschland dieselben Methoden und nur noch um einen Grad brutaler wüten sah, da zögerte ich nicht eine Sekunde, meinen Kampf fortzusetzen. Zwar war ich in die Illegalität abgedrängt. Aber was kümmerte mich das?! Der Krieg, der furchtbare Krieg, das entsetzlichste Verbrechen, das je an der Menschheit verübt werden konnte, stand vor der Tür. Ich wußte es. Der kategorische Imperativ in mir zwang mich zum Handeln.
Und ich sah meinem Schicksal klar in die Augen.
Und ich ging meinen Weg. Meinen Weg durch die Folterungen der Gestapo , durch die Zuchthäuser von Münster , Berlin , Bremen und Celle , durch die Arbeitsläger in Ostfriesland und in der Lüneburger Heide , meinen Weg nach Buchenwald . Und wo immer ich stand, ich war nicht müde geworden und hatte jede Möglichkeit genutzt, meinen Teil zum Aufbau einer würdigen menschlichen Gesellschaftsordnung beizutragen.
Zwar war mir schon seit Jahr und Tag klar, daß das Verhängnis nicht mehr zu vermeiden war. Aber ich wußte, daß das Verhängnis auch den Zusammenbruch des Nazismus mit sich bringen mußte. Ich glaubte nicht nur daran, ich wußte es! Und darum wurde ich nicht müde und nutzte jede Möglichkeit bis in diese Sekunde, weiter zu wirken und die Saat zu streuen, die dermaleinst aufgehen mußte! Und ich wußte, daß ich es weiter tun würde bis an mein Lebensende.
Nun aber ist das Verhängnis hereingebrochen, und-- ich bin nicht erschüttert! Ich bin ruhig wie am jüngsten Tag, entferne mich aus dem Zimmer und teile meinen Kameraden mit: ,, Alarm! Krieg gegen Polen ! Der Weltkrieg hat begonnen!"
Seit langem hatten wir Häftlinge die Frage besprochen, was mit uns geschehen würde, wenn der Krieg ausbrechen sollte, und es hatte nicht an gewichtigen Stimmen gefehlt, die der Ansicht waren, daß dann vielleicht die Maschinengewehre und ,, Fettspritzen" das Wort haben würden. Andere äußerten die Ansicht, daß die kräftigsten der Häftlinge zu Arbeitskolonnen zusammengestellt werden würden, die in sattsam bekannter Manier zu Schanzarbeiten usw. herangezogen werden würden. Auf jeden Fall waren wir auch im Lager noch politisch Aktiven fest entschlossen, uns nicht widerstandslos liquidieren zu lassen. Aus diesem Grunde benachrichtigte ich meine Kameraden, die dann für die Orientierung der übrigen vertrauten Häftlinge sorgten.
Am frühen Nachmittag des gleichen Tages haben sich der Lagerarzt und seine SDG.s mit ihren Meldungen usw. derart festgewurschtelt, daß sie mich zur Erledigung der schriftlichen Arbeiten heranziehen. So bekomme ich einen Einblick in die ,, Geheimbefehle". In der Hauptsache
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