Fast alles, was bestellt wurde, wurde auch geliefert, und was in diesem Monat nicht einging, traf meistens mit der nächsten Monatslieferung ein, weil Berlin sich die Sache inzwischen besorgt hatte. Dr. Ding folgte im ganzen den Anforderungen, die der erste Häftlingspfleger aufgab. Der wieder richtete sich nach dem Verbrauch, den die Häftlingsapotheke gemeldet hatte, die gleichfalls von einem Häftling- das war keineswegs ein approbierter Apotheker, aber es ging auch so ausgezeichnet- ver­waltet wurde.

Bei dieser Sachlage haben wir Häftlingspfleger es immer wieder aufs lebhafteste bedauert, daß wir nicht medizinisch genug gebildet waren, um unsere Medikamentenbestellung entsprechend beeinflussen zu kön­nen. Aber es brauchte uns nur ein Fachmann auf ein Medikament auf­merksam zu machen, das ,, sehr gute Erfolge" erzielt hatte, und schon stand es auf unserer nächsten Monatsliste und wurde erprobt. Natürlich kam es vor, daß der Lagerarzt Dr. Ding irgendetwas strich oder kürzte, wenn wir ein teures Medikament allzu reichlich aufgeführt hatten. Aber das kalkulierten wir ein.

Bei Ausbruch des Krieges kamen neue Anweisungen heraus. Be­stimmte Medikamente wurden für das Häftlingsrevier überhaupt ge­strichen, Verbandmaterial durfte nur in äußerst beschränktem Umfange angefordert werden. Ding strich die Bestelliste auf Teufel komm hin­aus zusammen, und wir standen wie die begossenen Pudel dabei. Aber im nächsten Monat wußten wir uns schon zu helfen. Machten wir die Liste nicht selbst postfertig"? Wußten wir nicht zu 99 Prozent, daß sich um die Liste sonst keiner zu kümmern schien? Und als Ding unter­schrieben hatte, da setzten wir hier noch eine Zahl davor und dort hingen wir eine kleine Null daran. Und als die nächsten Kisten aus Berlin eintrafen, da war alles gutgegangen.

Nur schade, daß wir manche Medikamente überhaupt nicht mehr an­fordern durften. Überhaupt nicht mehr? Stand da in den neuen An­weisungen nicht auch irgendetwas von Medikamenten, die nur in be­schränktem Umfange und nur in äußerstem Notfall angefordert werden durften? Anweisungen her und genauestens durchstudiert! Konnten wir riskieren, wenigstens diese Mangelmedikamente usw. wieder aufzu­führen? Ding hatte sie damals alle gestrichen. Aber waren wir nicht mit dem Buchdruck vertraut? Wußten wir nicht, was ,, Durchschuß" ist, dieser Abstand zwischen den Druckzeilen? Und als beim nächsten Male Dr. Ding die Bestellung unterschrieben hatte, da wanderte die Liste noch einmal durch die Schreibmaschine. Für ,, Durchschuß" war vorher

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