Unglaublicher Pesthauch, unbeschreiblicher Schmutz, Menschen, die am lebendigen Leibe verfaulen, Irre und Wahnsinnige, in Krämpfen sich windend, im Coma--- eine Apokalypse, wie sie kein Hirn auszuden­ken und keine Feder zu beschreiben vermag.

Es herrscht nur schummriges Licht in den Zelten, als scheue das gütige Licht, den Wahnsinn zu enthüllen, der sich hier vollzieht. In einem Winkel ist eine Wolldecke aufgehängt. Wir schauen dahinter, aber ent­decken nichts. Eines der Kinder, die wir dann später in das Hauptlager überführen konnten, hat mir berichtet, daß sich hinter dieser Decke jene zurückzogen, die ihrem Dasein selbst durch den Strick ein Ende setzten. Der Strick sei immer wieder von den Mithäftlingen abgeknüpft und dann an den Nagel gehängt worden, für den nächsten Todes­willigen, denn man habe nur diesen einen Strick gehabt.

Nach acht Tagen bin ich zum zweiten Male im Sonderlager. Den Mut, in die Zelte zu gehen, bringe ich nicht auf. Es ist gerade Essen­ausgabe. Sie vollzieht sich jetzt bedeutend ruhiger als früher. Essen bekommt nur, wer sich seine Portion selbst holt.

Alle Häftlinge befinden sich in halb verhungertem Zustande. Viele vermögen sich nur noch mühsam auf den Beinen zu halten, aber sie quälen sich doch noch bis zur Baracke, mit einem verbeulten Eẞnapf, einer alten Konservendose oder sonst irgendeinem Gefäß in der Hand. Andere sind noch besser auf den Beinen, wenngleich sie auch erschrek­kend mager sind und fast alle wie wandelnde Gerippe aussehen.

Da schleppen zwei solcher Gerippe einen Kameraden, der offenbar in Ohnmacht gefallen ist, an der Essenausgabe vorbei, und erhalten auch drei Portionen von der dünnen Wassersuppe. Als sie das ,, Essen" emp­fangen haben, schultert einer seinen ohnmächtigen Kameraden und bringt ihn ins Zelt, während der andere einstweilen die drei Töpfe be­wacht. Der erste Häftling kommt mit seiner Last in einiger Entfernung bei mir vorbei. Ich sehe, daß er eine Leiche transportiert.

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Im selben Augenblick macht mich Ding auf eine andere Sache auf­merksam. Da sitzt einer kaum fünf, sechs Meter von der Essenausgabe entfernt vor einem anderen Häftling, der, auf der flachen Erde sitzend, gegen die Barackenwand gelehnt ist, und bemüht sich offenbar, seinen Kameraden zu füttern. Und jedesmal, wenn er ihm den Löffel vor den Mund hält, blickt er spähend nach rechts und links und schiebt sich den Löffel dann schnell-- selbst in den Mund. Wir beobachten ihn eine ganze Weile. Dann geht Ding auf ihn zu. Als der Fütterer das merkt, wirft er den Napf mit der Suppe fort, springt auf und verschwindet schnell in eines der Zelte. Der Häftling an der Barackenwand regt sich

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