unter dem Arm geklemmt bei sich trägt. Seehausen entfernt sich dann auf etwa eine halbe Stunde aus dem Revier. Als er zurückkommt, tuschelt er mit Ding. Ich verstehe nichts davon, nur höre ich etwas wie ,, etwas Luft auch gleich noch mit dabei". Ich war damals noch zu unerfahren und zu jung im Lagerbetrieb, um sofort zu wissen, daß Seehausen den Revierkoch liquidiert hatte.
Selbst als ich am nächsten Tag die Totenpapiere für den Revierkoch ausfertigen mußte, ja selbst da noch, als ich durch die Leichenträger erfuhr, daß der Revierkoch offensichtlich durch eine Spritze in den Arm umgebracht worden war, war ich noch ahnungslos. Ich nahm an, daß der Arrestführer, SS. - Scharführer Sommer, dessen Gesichtszüge die eines brutalen Henkers waren, den Mord begangen hatte, während Seehausen die Physiognomie eines klobigen Biedermannes hatte. Aber es dauerte nur wenige Wochen bis ich genug Erfahrung gesammelt hatte, um über die wirklichen Zusammenhänge im Bilde zu sein. Seehausen war der Mann, der das Mordgeschäft an dem Revierkoch mit der Wahrscheinlichkeit verüben konnte, nicht auf Widerstand zu stoßen, denn häufig genug hatte er mit Uhlig zusammen bei dem Revierkoch gefrühstückt. Und der Revierkoch konnte annehmen, daß er von Seehausen wirklich ein Herzstärkungsmittel und kein Gift injiziert bekam
Die Zahnplombenaffäre schlief dann bald ein. Der Dentist wurde nach einigen Wochen aus dem Arrest entlassen, und die Häftlinge, die mit in die Affäre verwickelt, aber noch nicht geholt worden waren, bekamen jetzt die Gewißheit, daß ihre Namen der Lagerleitung nicht bekannt waren. Zu diesen Häftlingen gehörte auch der Lagerälteste Richter, der den größten Teil ,, seines" Goldes in seinen Stiefelabsätzen verborgen hatte und der buchstäblich- den ganzen Mund voll Gold hatte.
Sein Schicksal vollendete sich einige Zeit später. Schließlich war er doch mit seinen zahlreichen Schiebungen der Lagerleitung lästig geworden. Die Dienste, die er ihr fraglos geleistet hatte, standen wohl nicht mehr in einem annehmbaren Verhältnis zu der Belastung, die ein derartig charakterloser Mensch immer mit sich bringt.
Als der Tag aufging, der den letzten Akt über Richter einleitete, war er noch sehr zuversichtlich. Er hatte sich schon durch unzählige Situationen hindurchgewunden, hatte immer wieder festgestellt, daß die Lagerleitung die Hand über ihn gehalten hatte, und war--- an das Sterben so gewöhnt, daß er wohl den Tod auch für sich selbst nicht mehr allzu sehr fürchtete.
Welche Dinge der unmittelbare Anlaß waren, daß die Lagerleitung ihn seines Postens als Lagerältesten enthob, weiß ich nicht. Das ist auch
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