eingeführt, um erblich bedingte Minderwertigkeiten wie Geisteskrankheiten, erbliche Erblindung und dergleichen auszumerzen.
Die Entmannung( Kastration) ist die Entfernung der männlichen Keimdrüsen und führt zu weitgehender Veränderung der charakterlichen und leiblichen Merkmale. Sie wurde als sichernde Maßnahme gegen gefährliche Sittlichkeitsverbrecher von manchen Gelehrten und Erbbiologen gefordert, aber auch vielfach umstritten. In Deutschland war sie als sichernde Maßnahme im Strafgesetzbuch vorgesehen.
Das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vom 14. Juli 1935 sollte ,, schwere Gefahren für das gesunde Erbgut des deutschen Volkes verhindern". Als erbkrank galten danach Personen, die an angeborenem Schwachsinn, zirkulärem Irresein, erblicher Fallsucht, Veitstanz, erblicher Blindheit oder Taubheit oder schwerer körperlicher Mißbildung leiden. Diese sowie schwere Alkoholiker konnten auch gegen ihren Willen, durch Entscheidung des Erbgesundheitsgerichtes, unfruchtbar gemacht werden. Die Entmannung konnte unter Innehaltung bestimmter Kautelen nach diesem Gesetz auch dann durchgeführt werden, wenn der Sittlichkeitsverbrecher oder anormal veranlagte Mensch sie freiwillig beantragte und zwei Ärzte sie befürworteten.
Sterilisierung und Entmannung spielten in ,, Buchenwald " eine große Rolle, wobei es in der Natur der Sache lag, daß die Sterilisierung zu weniger großen Tragödien führte, zumal sie zu meiner Zeit meistens durch Fachärzte im Weimarer Krankenhaus durchgeführt wurde, während die Entmannungen ausnahmslos und aus begreiflichen Gründen im Lager erfolgten.
Wie und mit welchen Methoden die Voraussetzungen zur Durchführung der operativen Eingriffe geschaffen wurden, habe ich im vorherigen Kapitel beschrieben. Ich möchte betonen, daß es sich in jenem Falle nicht etwa um einen besonders eklatanten Ausnahmefall handelt, sondern um die typische Regel, wie überhaupt alle Einzeldarstellungen in diesem Buche von mir sorgfältig daraufhin ausgewählt wurden, daß sie alles in allem ein Bild von der Gesamtlage in Buchenwald ergeben. Als ich die Feder zu diesen Aufzeichnungen ansetzte, nahm ich mir vor, unter keinen Umständen ein Zerrbild, sondern nach bestem Wissen und Gewissen ein möglichst naturgetreues photographisch- phonetisches Bild der Wahrheit zu geben, und dieser Vorsatz ist mein oberstes Gesetz bis zum Schlußpunkt.
Wer nun wurde in Buchenwald sterilisiert und entmannt? Natürlich gab es Sterilisierungsfälle, wo nach menschlichem Ermessen alle im Erbgesundheitsgesetz festgelegten Voraussetzungen gegeben waren. Das
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