Da! Meier wird ohnmächtig. Seehausen gießt ihm Wasser ins Gesicht und langsam kommt Meier wieder zu sich.

Seehausen richtet Meier auf. Mühsam hält Meier sich aufrecht. See­hausen drückt ihm die Feder in die Hand. Aber Meier unterschreibt nicht. Plötzlich geht ein Zittern und Schütteln durch Meiers geschundenen Körper, seine Augen flackern, und mit einer Stimme, die einen Stein er­weichen könnte, sagt er: Ich bin doch verlobt, Sturmführer. Meine Braut wartet auf mich. Ich werde Deutschland doch sofort verlassen, wenn meine Papiere in Ordnung sind."

,, Unterschreibe!" sagt Ding ,,, und du kannst Deutschland lebend ver­

lassen."

Meier schüttelt den Kopf.

,, Ich gebe dir eine halbe Stunde Bedenkzeit", sagt Ding.

Seehausen führt Meier aus dem Arztzimmer und läßt ihn auf dem Häftlingsabort mit erhobenen Armen stehen.

Als die halbe Stunde vergangen ist, weigert sich Meier immer noch mit stummem Kopfschütteln.

Da gibt es Ding auf, und selbst Seehausen und Hofmann lassen den armen Schächer unbehelligt hinausgehen.

Am nächsten Tage aber wird Julius Meier in Arrest gebracht. Als er dann nach zwölf Tagen wieder dem Lagerarzt vorgeführt wird, ist er nur noch ein Bild des Jammers. Zwar sind keine Spuren der schweren Mißhandlungen mehr in seinem Gesicht zu sehen, aber er sieht aus, als käme er aus dem Hungergrabe. Sein Körper ist spindeldürr gewor­den, seine Wangen sind hohl, seine Augen blicken aus tiefen, schwarz umränderten Höhlen, seine Gesichtshaut, vor vierzehn Tagen noch straff und blühend, ist welk und von entsetzlich gelber Blässe, und seine Körperhaltung ist krumm und zusammengefallen. Hätte ich es nicht mit eigenen Augen gesehen, ich hätte es nie glauben können, daß in zwölf Tagen und zwölf Nächten der Körper eines kerngesunden blühen­den Menschen von athletischer Gestalt so gewandelt werden kann.

,, Du hast wohl noch nicht gewußt, was hier los ist?" spricht Ding ihn an, und seine Stimme ist ruhig und sachlich.

,, Nein, Herr Sturmführer", antwortet Meier mit matter Stimme. Willst du wieder raus aus dem Arrest?"

دو

,, Ich möchte wohl, Sturmführer."

Auch Dings Stimme ist jetzt leise, zuredend, und wer nur diese Worte gehört hätte ohne zu wissen, was vorausgegangen war, wäre davon überzeugt, daß Ding ein väterlicher Freund des armen Menschen sei, der da gebrochen und auf den Tod krank vor ihm steht.

8 Poller, Buchenwald

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