Stahlruten. Damit sich die Profosse nicht verletzten bzw. damit ihnen die Hände nicht schmerzten, trugen sie Prügelhandschuhe.

Es kam aber auch vor, daß die Strafe nicht brutal durchgeführt wurde. Das war manchmal dann der Fall, wenn der SS.- Standartenführer Koch oder der SS.- Obersturmbannführer Rödl eine ganz ausgefallen un­gerechtfertigte Durchpeitschung angeordnet hatten und der SS. - Haupt­scharführer Strippel oder der SS. - Oberscharführer Bergmann zur Strafvollstreckung befohlen waren. Dann kam es wohl vor, daß die Häftlinge nur unwesentliche Schmerzen erlitten, weil diese beiden SS. ­Leute eine Virtuosität darin entwickeln konnten, sich nur den Anschein zu geben, grausamst zuzuschlagen. Aber solche Fälle ereigneten sich nur selten, denn Strippel und Bergmann schlugen verhältnismäßig wenig, und die anderen Profosse im ,, braunen Ehrenkleid Adolf Hitlers " küm­merten sich nicht um die näheren Umstände.

Verschiedentlich habe ich den Obersturmbannführer Rödl beobachtet, der auf das Prügeln geradezu versessen war. Es besteht für mich kein Zweifel, daß für ihn diese Grausamkeit sexuelle Befriedigung war.

Wenn er am Tor war, mußte sich jeder Häftling bei ihm nach der Durchpeitschung etwa in dieser Form melden: ,, Arbeitsscheuer Häftling Nr. 13714, bestraft mit 10 Stockhieben wegen Faulheit bei der Arbeit", oder ,, Politischer Häftling Nr. 7063, bestraft mit 5 Stockhieben, weil ich in der Marschkolonne nicht Gleichschritt halten konnte", oder ,, Krimi­neller Häftling Nr. 11689, bestraft mit 5 Stockhieben, weil ich auf den Appellplatz gespuckt habe."

Ich beobachtete wiederholt, daß Rödl, wenn eine längere Reihe von Delinquenten an der Arrestwand zur Bestrafung stand, die Reihe musternd abging und sich dabei offenbar besondere Opfer aussuchte. Und wenn diese dann auf dem Bock lagen, trat er heran, tätschelte während des Strafvollzuges dem Häftling im Gesicht herum und drückte seinen Unterleib gegen den Bock.

Auf der gleichen Ebene lag der geschmackvolle Einfall", bei der Durchpeitschung einer größeren Zahl von Häftlingen durch die Lager­kapelle ein lustiges Potpourri spielen zu lassen; ja, einmal erlebte ich es sogar mit, wie Rödl dabei ein stimmungsvolles Geigensolo spielen ließ. Welcher Art die Straftaten waren, die mit Stockhieben geahndet wur­den, habe ich bereits angedeutet.

Einmal wußte ein Häftling nicht zu sagen, warum er mit 5 Stock­hieben bestraft wurde. Daraufhin diktierte ihm Rödl gleich nochmals 5 Stockhiebe. Nach dem Vollzug wußte der ahnungslose Häftling immer noch nicht den Grund seiner Bestrafung. Rödl hatte einen Zettel, auf

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