wede Aufmerksamkeit. Ich brauche nicht zu betonen, daß es volle Ab­sicht war, diese Baracke an einer Stelle zu errichten, zu der kaum jemand kam. Und selbst der SS. - Mann, der den Zoo besichtigte und dabei die Leichenbaracke von der Ferne aus sah, wird vielleicht nicht geahnt haben, was für eine Bewandtnis es mit dieser Holzbude hatte, die wie ein primitiver Abstellschuppen aussah.

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Die Baracke lag vollkommen isoliert, und als ich sie zum ersten Male betrat, hatte ich das starke Gefühl, daß ich bis zu ihr einen Raum durch­querte, den zu überschreiten nur wenigen Lebenden gestattet und er­möglicht worden war. Und so häufig ich dann auch später dorthin kam und es sind viele Dutzende Male gewesen immer wieder habe ich dasselbe Gefühl gehabt. Es mag sein, daß die abseitige Lage der Baracke, die Tatsache, daß sich niemand in der Nähe aufhielt, dies Ge­fühl hervorrief, vielleicht aber war die Quelle in jenen irrationalen Dingen zu suchen, die hier mehr als anderswo in der Welt in doppeltem Sinne wirksam waren.

Die Baracke war in zwei Räume unterteilt. In dem einen lagen die Leichen der Häftlinge, in dem anderen stand ein kantiger, primitiver Tisch, der als Sektionstisch diente. Soweit Särge vorrätig waren, wurden die toten Häftlinge von den Leichenträgern- man hatte dafür zu meiner Zeit ausschließlich Juden bestimmt, und diese Juden wurden wegen ihres traurigen ,, Druckpostens" von manchem Häftling oftmals benei­det!! sofort eingesargt. Wenn aber, was bei dem Massenbetrieb bald immer der Fall war, nicht genügend Särge vorhanden waren, wurden die Leichen übereinander gestapelt. Es war ja doch alles ganz egal-

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Der Sektionsraum war so klein, daß der Prosektor bei der Arbeit kaum Platz hatte und der Sektionsgehilfe, der die Schädelöffnung vor­nahm, indes der Prosektor Brust- und Bauchhöhle der Leiche obdu­zierte, immer mit der Stirnwand des Raumes in Konflikt kam.

Seziert wurden alle Leichen, für die als Todesursache auf dem Toten­schein ein unnatürlicher Tod wie ,, Freitod durch Erhängen", oder ,, Frei­tod durch Hochspannungsstrom", oder, Auf der Flucht erschossen" angegeben war.

Die Sektionsprotokolle wurden lange Zeit vor mir geheim gehalten. Die ersten, die ich zu sehen bekam, bestanden aus zehn bis zwölf Schreibmaschinenzeilen, wimmelten von Tippfehlern und enthielten

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