schwer und hart, aber sie überstieg doch nicht mein physisches Vermögen, und nach einigen Wochen vermittelte Hans Schulenburg, daß ich als Nachtschreiber im Häftlingsrevier beschäftigt wurde.
Auch meine Tätigkeit als Nachtschreiber war zunächst noch inoffiziell. Die Lagerleitung und der Arbeitsdienstführer hatten dem Häftlingsrevier nur eine bestimmte Anzahl von Häftlingen als Hilfskräfte zugebilligt, eine Zahl, die viel zu gering war, um die anfallende Arbeit erledigen zu können. Die Ambulanzkarten lagen haufenweise da und harrten der Übertragung auf die Karteikarten, die in der Revierkartei von jedem eingelieferten Häftling angelegt worden waren. Und ebenso waren viele dieser Karteikarten noch nicht ausgefertigt, weil die Zahl der Zugänge von Tag zu Tag zunahm. Mit stillschweigender Zustimmung des Lagerarztes hatte man daher einige Nachtschreiber ,, organisiert", die von 19 Uhr bis zum Morgenappell bemüht waren, die hohen Stapel unerledigter Schriftstücke aufzuarbeiten.
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Die Arbeit war so viel, daß wir Nachtschreiber bald gezwungen waren, zusätzlich noch ein paar Stunden am Tage und auch sonntags zu arbeiten. Da ich maschinenschreiben konnte, wurden mir dann nach und nach alle möglichen dringenden Arbeiten übertragen, zu denen der Arztschreiber das war der Häftling, der im Zimmer des Lagerarztes saẞ und dort die schriftlichen Arbeiten für den Arzt verrichtete keine Zeit fand. So lernte mich der Lagerarzt Dr. Ding kennen, und bald war ich schon mehr tags als nachts im Revier beschäftigt, so daß man es für zweckmäßiger hielt, mich nunmehr offiziell als Häftlingsschreiber für das Revier von der Arbeitsdienstleitung anzufordern.
Das war aber nicht so einfach durchgeführt wie gedacht. Ich war noch nicht lange genug im Lager, und der Arbeitsdienstführer lehnte prinzipiell die Abstellung eines Häftlings, der erst kurze Zeit im Lager war, für einen ,, Druckposten" ab.. Aber mit einigen Schwierigkeiten, bei denen sowohl der Lagerarzt als auch meine Mithäftlinge und ich selbst einiges riskieren mußten, gelang es dann doch, mich ,, aushilfsweise für einen plötzlich erkrankten Häftlingsschreiber" offiziell abstellen zu lassen. So wurde ich Häftlingsschreiber im Revier, und der seidene Faden, an dem mein Leben hing, war einstweilen erst einmal doppelt geknüpft. Für den Leser mag jetzt die Frage auftauchen, warum die Häftlinge, wenn sie die Macht und die Möglichkeit hatten, mich aus den Knochen
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