ling, der darauf mit einem dicken Seil den Hang hinaufklettert. Und dann seilen die beiden Häftlinge den Kameraden ein und bringen ihn mühsam den Hang hinunter.
Unterdessen haben sich zwei Posten von ihrem Hang entfernt und sich oben auf dem Platz aufgestellt, wo wir die Steine in Kippwagen werfen müssen. Sie belustigen sich damit, daß sie uns jedesmal, wenn wir an ihnen vorbei müssen, Fußtritte geben und mit ihren Seitengewehren schlagen.
Ich spüre, daß mich langsam die Kräfte verlassen, meine Knie beginnen zu zittern, meine Kehle ist wie ausgedörrt, meine Lippen sind trocken und spröde, in den erstarrten Händen habe ich fast kein Gefühl mehr. Der Nacken schmerzt mir, und ich habe das Empfinden, als presse sich eine schwere eiserne Klammer um Schläfen und Hinterkopf. Es überkommt mich ein nagendes Verlangen, mich einfach hinfallen zu lassen, wenigstens einmal, und wenn es nur für Sekunden wäre, irgendwie auszuruhen. Aber sofort steht dagegen der Gedanke auf, daß dies das unvermeidliche, qualvolle Ende ist.
Das Ende ist? Das Ende? Und wenn ich jetzt über die Postenkette hinausgehe? Was dann? Werde ich nicht auch dann qualvoll sterben müssen? Und wenn ich den Stein nähme und ihn einem von den beiden Quälern da oben auf den Schädel schlüge? Auch das wäre das sichere Ende! Aber was wäre damit erreicht? Gewiß, ich stürbe. Und mit mir vielleicht noch einer von denen, die den Tod tausendfältig verdient haben. Aber würden dann nicht die Maschinenpistolen rattern und grausige Menschengarben mähen? Würde dann nicht heute noch das ganze Lager schwer zu leiden haben? Hat mir Richard Elsner nicht berichtet, daß man den Kameraden Förster, der aus dieser Hölle mit Gewalt entfliehen wollte, vor allen Häftlingen gehängt hat? Hat nicht damals das ganze Lager entsetzlich gelitten? Sind damals nicht viele, an Försters Tat völlig unbeteiligte Häftlinge grausam gestorben? Nein, wenn ich sterben muß, dann darf ich nur allein sterben!
Und meine Knie werden schwächer und schwächer, und mein ganzer Körper ist wie gerädert, weit schlimmer noch als nach den harten Vernehmungen durch die Gestapo . Die Welt um mich wird unwirklich, ich sehe nur noch meinen Vordermann, packe nur noch mechanisch meinen Stein, quäle mich schrittweise stolpernd den Hang hinauf, spüre schon gar nicht mehr, daß ich von den Posten geschlagen werde, und will schon wieder meinen Stein schultern, als ich jemand neben mir und doch wie aus unendlicher Ferne sagen höre: ,, Mach doch keinen Quatsch, Kerl, es ist doch Mittag jetzt."
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