Und es war in der Tat gut so. Denn hätte irgendwer den Ariadnefaden aufgenommen, er wäre durch das Labyrinth des Lagers auf einen SS.- Mann gestoßen, der uns Häftlingen gut gesonnen war. Und wäre das bekannt geworden, der SS. -Mann wäre fraglos in der nächsten Stunde auch Häftling gewesen.———
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Auf dem Garagenneubau teilt der Kapo uns Zugänge zum Schneefegen ein. Wir müssen mit Besen, Schaufeln und Schneeschiebern die breiten Fahrstraßen säubern, die vom Lager nach den SS.-Kasernen führen. Die Arbeit macht warm und ist nicht sonderlich schwer. Wir arbeiten auch ziemlich ohne Aufsicht. Die Hilfskapos, die das Kommando über uns führen, sind durch und durch Kameraden, arbeiten selbst mit und treiben nicht an.
Wenn ein SS.-Mann über die Straße kommt, müssen wir beiseite treten, die Mütze vom Kopf reißen und stramm stehen. Einmal sind wir so eifrig bei der Arbeit, daß wir nicht merken, daß von hinten ein SS.-Mann kommt. Er versetzt dem Häftling, der ihm arbeitend den geraden Weg versperrt, einen so kräftigen Fußtritt in das Gesäß, daß der Häftling zur Seite fliegt, und geht dann seinen Weg weiter, als wäre nichts geschehen. Wir sind zwar ein wenig„platt“, aber schon derart dressiert, daß wir das ganze Ausmaß der Brutalität gar nicht mehr empfinden.
„Mensch, da hast du aber Schwein gehabt“, sagt ein Kamerad zu dem Getretenen. Der lächelt und ist derselben Meinung. Es hätte ja sicherlich noch viel schlimmer ausgehen können. Aber wir ziehen unsere Lehre aus dem Vorkommnis und teilen unsere Kolonne so ein, daß wir beide Straßenrichtungen übersehen können, und wenn sich nun schon in der Ferne ein SS.-Mann zeigt, dann geht durch die Kolonne schnell das
‚ geflüsterte Warnungszeichen:„Achtzig!“
Wir müssen auch die Straße säubern, die nach Weimar führt. Dort sehe ich zum ersten Male eine Postenkette.Im Abstand von etwa zehn Metern stehen die Posten auf der linken Waldseite, wegen der Kälte in dicke Pelzmäntel vermummt, mit Ohrenschützern und Gesichtswärmern. In den Händen die schußbereiten Maschinenpistolen. Einige von ihnen scheinen noch mehr zu frieren als wir. Verschiedene haben sich ein Feuer angemacht oder anmachen lassen, an dem sie sich aufzuwärmen suchen.
Es geht alles gut. Die Posten scheinen sich um uns gar nicht zu
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