Dann weist er mich einem Tischältesten zu, von dem ich meine Essen­portionen empfangen werde. Zwar wäre zur Zeit kein Tischplatz frei und vorerst auch keine Aussicht vorhanden, da die Tischplätze in der Reihe des Zugangs zugewiesen würden und die Stube etwa sechsfach überfüllt wäre. Aber es wäre dann und wann doch wohl mal ein Sitz­platz nicht besetzt. Den könnte ich dann benutzen, müßte ihn allerdings auf Verlangen des Eigentümers stets sofort räumen. Im allgemeinen herrsche gute Kameradschaft im Block. Bei der Abfassung des Zugangs­briefes und der Ausfüllung des politischen Fragebogens wolle er mir erforderlichen Falles gerne helfen. Am nächsten Morgen nach dem Wecken gäbe es Kaffee, heute abend noch die tägliche Brotration nebst Ver­pflegungsportion. Nach dem Kaffee trete der Block an und zöge ge­schlossen zum Appellplatz. Wenn durch den Lautsprecher bekannt­gegeben würde: ,, Zugänge ans Tor", müsse ich im Laufschritt ans Tor eilen und mich beim Arbeitsdienstführer melden, der mich einem Arbeits­kommando zuweisen werde. Der Kapo werde mich dann weiter unter­

weisen.

Der Tischälteste, dem ich zugewiesen bin, teilt mir eine Portion Brot und ein Stückchen gummiartiger Mehlwurst zu. Einen Spindplatz werde er mir nachher anweisen, denn die Spinde seien alle überfüllt, und er müsse erst einmal sehen, wo noch eine Ecke frei zu machen sei.

Und dann stehe ich da, in der einen Hand den trockenen Brotknust, in der anderen das Stückchen ,, Leberwurst", und kein Mensch kümmert sich mehr um mich. Nun, ich habe redlich Hunger und merke deshalb meine Verlassenheit nicht sonderlich. Den Rest des Brotes verstaue ich in meinen Brotsack, weil ich nicht weiß, wo ich ihn sonst unterbringen kann.

Ich bin gerade dabei, mein Brot wegzupacken, als Franz auf mich zu­kommt und sagt: ,, Jetzt mußt du erst deine Winkel und Nummern annähen." Er führt mich zu seinem Tisch und reicht mir Nadel und Faden. Als er sieht, daß ich mich ungeschickt anstelle, nimmt er mir die Jacke aus der Hand und näht die Abzeichen selbst an. Dabei erzählt er mir freundlich tröstend, daß er vielen Zugängen die Winkel annähen müsse, da wohl keiner ins Lager käme, ohne an allen Gliedern zu fliegen bzw. ohne aufgeregt zu sein. Für seine Hilfe könne ich mich dem­nächst dadurch revanchieren, daß ich einem anderen Zugang diesen kleinen Kameradschaftsdienst erwiese.

Als ich dann lagermäßig ausstaffiert bin, nimmt mich ein Häftling in Beschlag, der auf der Stube das Haarschneiden und Rasieren besorgt. Den ,, Rasierstuhl" hat er sich in primitiver aber geschickter Weise selbst

3 Poller, Buchenwald

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