schon einmal zusammen war. Das Hallo ist nicht minder gering, trotz- dem wir uns eigentlich nicht näher kennen. Einer von ihnen nimmt sich sofort meiner an und geht mit mir in den Keller der Baracke. Den dort unten beschäftigten Häftling fragt mein Bekannter:Wo sind die Säcke für die Politischen?

Die Kleidersäcke, in die wir unsere Zivilsachen stecken müssen, liegen ausgebreitet auf langen Tischen. Die Säcke für die Politischen liegen etwas abgesondert, unterscheiden sich jedoch scheinbar in nichts von den anderen Kleidersäcken. Aber es muß doch irgendein Unterschied sein, denn mein Bekannter sucht selbst noch unter den Kleidersäcken der Politischen aus, ehe er sagt:Hier, nimm den!

Warum gerade den? frage ich.

Das ist eine niedrige Nummer und Block 39, antwortet er.

Und was hat das zu bedeuten?

Das wirst du schon noch erfahren.

Und so werde ich der Häftling Nr.996 aus dem Block 39!

Ich habe einen alten, blauen Uniformrock bekommen, zwar etwas geflickt, aber doch sauber und auch'warm.Mein baumwollener, gestreifter Mantel ist nagelneu. Die Schuhe passen gut und sind neu besohlt. Meine wie der Mantel gestreifte, schirmlose Mütze, ist etwas speckig, aber das wird sich wohl waschen lassen. Die Strümpfe sind stark gestopft und drücken etwas. Der Brotbeutel ist gebraucht, aber sauber gewaschen.

Nun geht es zurück zum Appellplatz. Diesmal müssen wir uns am unteren Ende in der Nähe der Baracken aufstellen. Der frühe Winter- abend beginnt, sich über dasLager zu senken. Es ist kalt und mich friert leicht. Auf den Wegen zwischen den Baracken herrscht lebhafter Ver- kehr:; man erkennt die Gesichter der Häftlinge im Schummerlicht nicht mehr genau. Auf die Wege fällt das Licht, das aus den Barackenfenstern leuchtet. Und in den Baracken ist überall dunstige Luft. Aus einer kommt Gesang, aus einer anderen Ziehharmonikamusik, aus einer drit- ten irgendein Tumult.

Als wir einige Zeit auf dem Appellplatz angetreten sind, müssen wir auf Kommando eines Häftlings stramm stehen, und dann kommt aus dem dämmerigen Dunkel ein untersetzter Häftling auf uns zu, der uns rühren läßt. Er trägt einen dicken, dunklen Soldatenmantel und hat um den Arm eine beschriftete Binde, deren Aufschrift ich aber in dem

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Dämmerlicht nicht lesen kann; er hält uns eine etwas geschwollene Ansprache.

Er spricht darüber, wie wir uns zu verhalten hätten. Innerhalb des Lagers wären wir ziemlich unbehelligt. Das Betreten fremder Baracken

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