Das untere Ende des menschenleeren, riesigen Platzes ist von einer Barackenreihe begrenzt, deren flache Dächer eigenartig geduckt daliegen. Rauch, der aus den Schornsteinen hervorquillt, zeigt uns, daß dort unten Menschen wohnen müssen. Und über den flachen Barackendächern schieben sich in der Ferne, im ersten Dämmern des frühen Winterabends fast verschwindend, Baumwipfel empor, blaugrau, dürr, ungemein trostlos.
:
Die rechte Seite des Platzes ist noch nicht planiert. Baumstubben, Kuhlen, Geröll und Sandhaufen deuten darauf hin, daß man hier Wald gerodet hat und dabei ist, den Platz auszubauen. Es ist die Stätte, auf der später das Sonderlager eingerichtet wird, von dem ich noch berichten werde. Über sie hinweg gleitet unser Blick nach dem hohen Drahtzaun, der das ganze Lager einzufassen scheint. Betonpfeiler stehen in regelmäßigen Abständen schnurgerade ausgerichtet. Der Draht zwischen ihnen ist mit Hochspannungsstrom geladen, und hinter ihm ragen auf breiten, in den Wald geschlagenen Lichtungen die hohen Wachttürme auf, die wie mittelalterliche, eckige Wehrtürme aussehen und deren Bedeutung wir auch bald kennenlernen werden.
Die beiden Häftlinge führen uns über den Platz nach den Baracken hinunter. Hier bekommen wir zum ersten Male eine ganz andere Sorte Häftlinge zu Gesicht, nicht so sauber und ordentlich angekleidet wie die beiden Häftlinge, die uns vom Tor abgeholt haben. Sie sind dreckig, tragen zerrissene Kleider, die über und über mit Erdkrusten verschmutzt sind, sind lässig, stupide, abgemagert, von graugelber Gesichtsfarbe, an den klobigen, oft defekten Stiefeln klebt dicker Mergeldreck, und die Kleidung schlottert um ihre Körper. Einige tragen Brotbeutel über der Schulter und daran manchmal eine verbeulte Essenschale. Es wimmelt und krimmelt zwischen den Baracken von solchen Häftlingen, die einander alle merkwürdig und unbegreiflich ähnlich sind.
Die weitaus meisten Häftlinge beachten uns gar nicht. Wie anders war das doch in der Strafanstalt. Da wurde jeder Zugang genau gemustert. Ja, selbst damals, als ich in den Moorlägern war, war jeder neueintreffende Transport eine Lagersensation. Jetzt aber scheint uns fast keiner zu beachten. Nur hier und da bleibt ein Häftling stehen und studiert mit sonderbar verhaltenem Interesse, fast scheu und merkwürdig eilig unsere Gesichter. Wenn einer von ihnen zu interessiert erscheint oder gar unseren Weg versperrt, brauchen unsere beiden Führer nur ,, Weg da!" zu sagen, und schon springt er augenblicks beiseite und ,, verkrümelt" sich im Gewimmel der anderen Häftlinge.
Fraglos, es gibt hier zwei Sorten Häftlinge. Die eine scheint eine Elite
25
25


